
Die frühesten Aufzeichnungen zur japanischen Geschichte finden
sich, neben chinesischen Quellen, in zwei halbmythischen Chroniken:
der Kojiki (Aufzeichnung alter Geschichten) und den Nihon shoki
oder Nihongi (Chroniken zu Japan). Ersteres stammt aus dem Jahr
712, Letzteres aus dem Jahr 720. Diese Chroniken berichten über
Ereignisse aus der Zeit zwischen dem 7.Jahrhundert v.Chr. bis zum
7.Jahrhundert n.Chr. Beide Werke sowie andere Legendensammlungen
stellen die Grundlage traditioneller Geschichtsüberlieferung
in Japan dar. Der Nihon shoki gibt das Jahr 660 v.Chr. als jenes
Jahr an, in dem Jimmu, Abkömmling der Shinto-Sonnengöttin
Amaterasu und erster Kaiser (siehe Tenno) Japans, den Thron bestieg
und damit das japanische Kaiserreich gründete. Fortan konnten
sich alle Kaiser als direkte Nachfahren der Sonnengöttin betrachten
und besaßen damit ein göttliches Mandat.
Erste
Besiedlung
Wann die erste Besiedlung Japans stattfand, ist unklar. Vermutlich
trafen die ersten aus dem ostasiatisch-sibirischen Kernland stammenden
Siedler auf dem japanischen Archipel bereits im Paläolithikum
um 30000 v.Chr. ein. Linguistische Untersuchungen legen andererseits
aber auch die Vermutung nahe, dass eine Kolonisierung von den polynesischen
Inseln ausgegangen sein könnte. Man geht heute davon aus, dass
die Ur-Japaner, die dem mongoliden Rassenkreis angehören, seit
frühester Zeit auf den Inseln dominierten, auch wenn die Ainu
vielleicht ebenfalls schon sehr früh den Archipel besiedelt
haben. Zeitweise ging man davon aus, dass die Ainu die ersten Besiedler
der japanischen Inseln gewesen waren, doch gilt diese Theorie inzwischen
als widerlegt.
Die Jomon-Periode
(10000 v. Chr. bis 300 v. Chr.)
Die paläolitischen Kulturen des prähistorischen Japan
und ihre Nachfolger im Mesolithikum wurden um 10000 v.Chr. von neolithischen
Kulturen abgelöst. Zu diesen zählten die Jomon, von denen
einige der frühesten Tonwaren stammen. Ihre häufig üppig
verzierten und meist handgedrehten Tontöpfe wurden bei niedrigen
Temperaturen gebrannt. Man fand diese Tonreste in ganz Japan; seltener
wurden auch feine Steingebäude oder Hütten aus dieser
Zeit ausgegraben. Die Jomon lebten als Wildbeuter vor allem von
der Jagd, dem Fischfang und dem Sammeln, eventuell gab es bereits
auch eine frühe Form der Landwirtschaft. Ihre Gesellschaftsstruktur
scheint egalitär gewesen zu sein, mit einigen nur geringen
Statusunterschieden.
Die
Yayoi-Periode (300 v. Chr. bis 300 n. Chr.)
Die Jomon mussten einer neuen Kultur weichen, die auf Kyushu entstand,
sich langsam nach Osten ausbreitete und allmählich ihre Vorgänger
ersetzte. Die Kultur der Yayoi hinterließ deutlichere Spuren;
es gab bereits Reisanpflanzungen, Webereien, einfache Tonwaren,
die bei hohen Temperaturen gebrannt wurden, und Eisenwerkzeuge.
Die meisten Erfindungen der Yayoi, insbesondere die Eisen- und Bronzestücke,
wurden vermutlich aus China über Korea eingeführt, was
erstmals auf einen chinesischen Einfluss hinweist. Auch die unterschiedlichen
und verfeinerten Riten bei den Beerdigungen sind ein Hinweis darauf,
dass die Gesellschaft der Yayoi bereits komplexer zusammengesetzt
und effizienter organisiert war als die der Jomon, was typisch für
die eher landwirtschaftlich orientierten Kulturen ist. Durch die
Einwanderung der Yayoi wurde das kulturelle Leben in weiten Teilen
des Landes maßgeblich bereichert.
In offiziellen chinesischen Chroniken wird Japan erstmals während
der späten Han-Dynastie erwähnt. Damals wurde aufgezeichnet,
dass im Jahr 57 n.Chr. „der Staat der Nu in Wo" Gesandte
zum kaiserlichen Hof geschickt habe und ein Goldsiegel erhielt,
das später (1748) in Japan gefunden wurde. Nu war offensichtlich
eines von den Dutzenden kleiner Reiche auf dem japanischen Archipel,
die in den chinesischen Chroniken in ihrer Gesamtheit als Wo bezeichnet
wurden. Die Aufzeichnungen beschreiben eine relativ hoch entwickelte
Gesellschaft mit hierarchischer Struktur, Märkte für den
Tauschhandel und professionelle Schreiber, die der chinesischen
Schrift mächtig waren. Es wird auch eine Königin namens
Himiko erwähnt, die ebenfalls in die japanischen Chroniken
Eingang gefunden hat. Sie übte ihre Herrschaft in einer Stadt
namens Yamatai aus und regierte im Jahr 200 über zahlreiche
Staaten. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Yayoi in Japan eine
matriarchalische Gesellschaft darstellten, in der priesterliche
Königinnen beträchtliche Macht innehatten.
Die Konfun-Periode (um 300 bis 710): Einigung zum Kaiserreich
Die Konfun-Periode ist nach dem großen konfun (japanisch für
Grabhügel) benannt, der die Gräber der damaligen japanischen
Herrscher und Adeligen markierte und die Vereinigung der Teilstaaten
zu einem einzigen Kaiserreich versinnbildlichte. Nach den Überlieferungen
führte Kaiser Jimmu, nachdem er seine Herrschaft in Kyushu
gefestigt hatte, seine Streitkräfte nach Norden und dehnte
sein Herrschaftsgebiet bis nach Yamato aus, einer Provinz im Zentrum
von Honshu, die dem Kaiserhaus und wahrscheinlich auch ganz Japan
damals seinen Namen verlieh. Historische und archäologische
Forschungsergebnisse widersprechen jedoch den Zeitangaben in den
traditionellen Darstellungen für die Einzelereignisse dieser
Periode.
Die kaiserliche
Yamato-Familie
Die Herrscher der kaiserlichen Yamato-Familie festigten ihre Macht,
indem sie eine frühe Form des Shintoismus zur allgemeinen Religion
erhoben und diese als politisches Instrument verwendeten. Während
der späten Yayoi- und der frühen Konfun-Periode übten
die Yamato-Herrscher über verschiedene autonome Clans indirekt
die Kontrolle aus, die unter der Bezeichnung Uji bekannt sind. Jeder
Uji hatte eigene Götter und einen eigenen Herrschaftsbereich.
Die wichtigsten Personen eines solchen Clans waren der Muraji, ein
Vasall des Yamato-Hofes, und der Omi, der während der Machteroberung
der Yamato die Lehnstreue des Stammes erklärte hatte. Die Regierungsbeamten
aller Uji wurden aus beiden Gruppen gestellt. Die großen Gräber
der Clanoberhäupter waren oft mit Tonfiguren verziert, die
Soldaten, Menschen oder andere Objekte darstellten und den Namen
Haniwa trugen. Die Rolle der kaiserlichen Familie, die als oberster
Clan galt, war eher symbolischer Natur, obwohl der Hauptgottheit,
der Sonnengöttin, landesweit geopfert wurde.
Nach dem Tod ihres Mannes, des Kaisers Chuai - er regierte von 192
bis 200 - übernahm die Kaiserin Jingu, eine legendäre
Herrscherin, die später als Göttin angesehen wurde, um
das Jahr 200 die Regierung. Die kriegerische Kaiserin soll eine
Armee ausgerüstet und einen Teil des heutigen Korea erobert
haben. Obwohl sich die Existenz von Jingu historisch kaum nachweisen
lässt, deuten einige Inschriften aus dem frühen 5.Jahrhundert
tatsächlich auf eine große Expedition hin, die von Wo
aus im Jahr 391 durchgeführt wurde. Bis zu dieser Zeit hatte
der Yamato-Hof vermutlich eine ausreichende nationale Einheit erreicht
und konnte eine Militärexpedition unterstützen, um den
japanischen Einflussbereich in Minami auf der koreanischen Halbinsel
zu sichern. Das Königreich Paekche im Südwesten Koreas
war ein untergeordneter Verbündeter des Yamato-Hofes. Die koreanische
Kultur hatte sich unter starkem Einfluss des angrenzenden China
bereits zu einem vergleichsweise hohen Niveau entwickelt; während
der folgenden Jahrhunderte beeinflusste die Beziehung zwischen Japan
und Korea und damit indirekt auch die chinesische Kultur die kulturelle
Entwicklung Japans beträchtlich. Chinesische Literatur und
Philosophie wurde am Hof von Yamato bereitwillig aufgenommen. Anfang
des 5.Jahrhunderts verwendete man hier bereits die chinesischen
Schriftzeichen. Um 430 stellte der kaiserliche Hof die ersten Geschichtsschreiber
an, und ab diesem Zeitpunkt entstanden verlässlichere Aufzeichnungen.
Bis zum 6.Jahrhundert verlor der Yamato-Hof zunehmend an Einfluss;
er konnte seine Macht über die Uji immer weniger ausüben
und sah sich auf dem koreanischen Festland einer Niederlage gegenüber.
Der regierende Kaiser war 587 vom mächtigen Soga-Clan ermordet
worden. Noch zu Lebzeiten des Yamato-Kaisers fand mit der Übernahme
des Buddhismus ein äußerst wichtiges Ereignis statt.
Diese wird allgemein auf das Jahr 552 datiert, als der König
von Paekche buddhistische Priester nach Japan sandte und damit religiöse
Bilder, buddhistische Schriften, der Mondkalender und die Methoden
der Zeitrechnung im Land Einzug hielten. Die importierte Kultur
verwurzelte sich bald fest auf dem Archipel, und während sich
die Kontakte zwischen den beiden Ländern nach der japanischen
Vertreibung aus Korea im Jahr 562 abschwächten, hatte dies
keinen Einfluss auf die religiöse Entwicklung in Japan. Bis
zum Beginn des 7.Jahrhunderts wurde der Buddhismus zur japanischen
Staatsreligion.
Die Asuka-Periode
(593-710)
Die so genannte Asuka-Periode nahm mit der Thronbesteigung von Kaiserin
Suiko ihren Anfang; sie regierte von 593 bis 628 und errichtete
ihren Palast im Asuka-Tal in der Provinz Yamato (der heutigen Präfektur
Nara). Ihr Neffe und Regent, Prinz Shotoku, initiierte ein Reformprogramm,
das aufgrund des Verlusts von Minami (der japanischen Gebiete in
Korea) und wegen innenpolitischer Unruhen notwendig geworden war.
604 entwarf er die erste japanische Verfassung, die aus 17Artikeln
bestand und ein einfaches Regelwerk enthielt, das das soziale und
sittliche Leben der Bevölkerung bestimmte. Diese Entwicklung
folgte dem Muster der Zentralregierung in China. Das Land wurde
einheitlich aufgeteilt in Provinzen, Distrikte und dörfliche
Einheiten, die wiederum in Gruppen aus jeweils fünf Bauernfamilien
als den kleinsten Einheiten des Staates unterteilt waren. Die ursprünglichen
zwölf und späteren acht hierarchischen Ebenen des höfischen
Adels wurden eingerichtet. Die Versuche Shotokus, den Buddhismus
im ganzen Land zu verbreiten, halfen auch bei der Verbreitung der
kontinentalen Zivilisation in Japan.
Die Reformen Shotokus wurden von Prinz Naka no Oe, dem späteren
Kaiser Tenji, sowie von Nakatomi Kamatari (der spätere Fujiwara
no Kamatari) fortgeführt, dem Begründer der Fujiwara.
Dieser war maßgeblich an dem Staatsstreich von 645 beteiligt,
in dem die herrschenden Soga entmachtet und die so genannten Taika-Reformen
eingeführt wurden, die eine Stärkung des Kaiserhauses
und die Schwächung der Uji zum Ziel hatten. Die Ländereien
der Adelsfamilien wurden zum staatlichen Eigentum erklärt,
das an das Volk verteilt werden konnte. Ein großer Rat, der
so genannte Dajokan, regierte das Kaiserreich mit Hilfe lokaler
Gouverneure, die von der Hauptstadt ausgesandt wurden - auch hierbei
lehnte man sich an das chinesische Modell an. Die Niederlage Japans
im Jahr 663 bei seinem letzten Versuch, in Korea Fuß zu fassen,
beendete diese Expansionsbestrebungen für mehrere Jahrhunderte
und forderten von Kaiser Tenji weitere Reformen zur Zentralisierung.
Er hatte seine neuen Maßnahmen im so genannten ritsu-ryo-System
formuliert, welches sich in die ritsu (Gesetze zur Verbrechensbekämpfung)
und die ryo (Gesetze für das zivile Leben und die Verwaltung)
unterteilte. Dadurch entstand eine ausgearbeitete staatliche Struktur
im ganzen Land, wodurch die Bedeutung der lokalen Adelsfamilien
immer geringer wurde.
Die Nara-Periode
(710-794)
Traditionell wurden die kaiserlichen Hauptstädte in Japan verlegt,
sobald ein Herrscher gestorben war, um die im Shintoismus mit dem
Tod verbundene Verunreinigung zu vermeiden. Kaiserin Gemmei, die
von 707 bis 715 herrschte, verlegte die Hauptstadt von Asuka nach
Heian-kyo (heute Nara), das damit zur ersten ständigen japanischen
Hauptstadt wurde. Später in der Nara-Periode verfiel die Sitte
der Verlegung allmählich. Unter Kaiser Shomu - er regierte
von 724 bis 749 - und seiner Fujiwara-Gattin erlebte Japan eine
kulturelle Blütezeit. Der Große Buddha (752 fertig gestellt)
wurde in dem Tempel Todaiji untergebracht, der auch heute noch als
größtes Holzgebäude der Welt gilt, und symbolisierte
die Verpflichtung des Japans der Nara-Zeit an den Buddhismus. Man
nahm Verbindungen zur weit entfernten Tang-Dynastie in China auf
und Japan wurde zur östlichen Endstation der Seidenstraße.
In einer weit reichenden Reform wurde das ritsu-ryo-System im Jahr
743 geändert, um die Erschließung neuen Ackerlandes voranzutreiben,
indem man den jeweiligen Personen, die das Land landwirtschaftlich
bebauten, das volle Besitzrecht über das bewirtschaftete Gebiet
zusprach. Mit dieser Einführung privaten Landbesitzes öffneten
sich für die großen Familien und Geschlechter die Möglichkeiten,
ihre Unabhängigkeit zu festigen und Macht und Reichtum zu mehren,
und das ritsu-ryo-System wurde von der Realität immer mehr
zurückgedrängt.
Während der Nara-Periode wurden einige der wichtigsten Literaturwerke
der Frühzeit geschaffen, darunter die beiden großen nationalen
Geschichtschroniken Kojiki (712) und Nihon-shoki (720) sowie die
erste große Gedichtsammlung Manyoshu (daneben entwickelte
sich auch die buddhistische Kunst maßgeblich weiter). Kaiser
Shomu, ein frommer Buddhist, bemühte sich um die Vereinigung
von Staat und Kirche und stellte seinen Nachfolger damit vor Probleme.
Das ritsu-ryo-System der Taika-Reformen galt zwar nach wie vor,
aber Macht und Einfluss der buddhistischen Mönche, ausgehend
von den großen Klöstern, wurden immer größer.
784 entschloss sich Kaiser Kammu - er regierte von 781 bis 806 -
schließlich, den Einfluss der mächtigen Klöster
in Nara zu verringern, indem er die kaiserliche Hauptstadt zunächst
nach Nagaoka-kyo und neun Jahre später an den Ort Uda verlegte;
dort ließ er die Hauptstadt Heian-kyo, das spätere Kyoto,
errichten, das bis 1868 offizielle Hauptstadt blieb.
Die Heian-Periode
(794-1185)
Die Heian-Periode, nach ihrer Hauptstadt benannt, brachte Japan
350Jahre lang relativen Frieden und Wachstum. Bis zum 9.Jahrhundert
war es dem Yamato-Hof gelungen, die Kontrolle über alle Hauptinseln
Japans mit Ausnahme von Hokkaido zu erhalten. Im nördlichen
Honshu kam es dennoch immer wieder zu Befriedungsunternehmungen,
um die dortige Bevölkerung zu integrieren. Während des
9.Jahrhunderts zogen sich die Kaiser immer mehr aus den aktuellen
Regierungsgeschäften zurück. Sie delegierten alle staatlichen
Angelegenheiten an Untergebene und begaben sich in die Abgeschiedenheit.
Die Kaiser hatten mit der Zeit nur noch eine eher symbolische Funktion
inne, statt dass sie tatsächlich regierten. Zum Teil fand diese
Entwicklung auch aufgrund der belastenden rituellen Pflichten statt,
die der Kaiser als Oberhaupt des shintoistischen Staatskultes durchzuführen
hatte. Gleichzeitig mit dem Rückzug der Kaiser vollzog sich
der Aufstieg der Fujiwara, der damals bedeutendsten Adelsfamilie
am Hof, die diese Entwicklung förderte und versuchte, die Regierungsmacht
an sich zu binden. 858 wurden die Fujiwara zu den eigentlichen Herrschern
Japans und blieben es während der nächsten drei Jahrzehnte.
In diesem Jahr wurde der Fujiwara-Prinz Yoshifusa als Vormund für
seinen einjährigen Enkel zum Regenten sessho ernannt. Die Fujiwara
hatten in den meisten Büros des Hofes und der Verwaltung eine
Vormachtstellung, drängten die anderen Adelsfamilien aus der
Regierung und kontrollierten sogar die kaiserliche Familie, indem
sie ihre eigenen Töchter Generation um Generation mit den Kaisern
vermählten. Die Kaiser wiederum wurden meist zu einem frühen
Rückzug zugunsten von neuen Kindkaisern überredet, für
die dann wiederum Fujiwara-Regenten die Vormundschaft übernahmen.
884 wurde der Fujiwara Mototsune erster offizieller bürgerlicher
Herrscher (kampaku). Der bedeutendste Herrscher der Fujiwara war
Fujiwara no Michinaga, der sämtliche Regierungsgeschäfte
von seiner Hauskanzlei aus leitete und dessen fünf Töchter
jeweils aufeinander folgende Kaiser ehelichten; er dominierte den
kaiserlichen Hof von 995 bis zu seinem Tod im Jahr 1028.
Vorherrschaft der
Fujiwara („Fujiwarazeit")
Die Periode der Überlegenheit der Fujiwara war eine Zeit kultureller
Blüte; die japanische Kultur entwickelte sich zunehmend zu
einer Zivilisation, die zwar von der chinesischen Kultur stark beeinflusst,
aber nicht mehr von ihr dominiert wurde. Die Kokinshu (eine Anthologie
mit 1111Gedichten), die erste offizielle Poesie-Sammlung aus der
Kaiserzeit, wurde 905 zusammengestellt; ihr folgten bis 914 weitere
20Anthologien. Die Herrschaft von Michinaga wird als die Periode
der klassischen japanischen Literatur bezeichnet. Michinaga war
ein enger Vertrauter der beiden Hofdamen Murasaki Shikibu und Sei
Shonagon, den beiden großen Schriftstellerinnen dieses Zeitalters.
Erstere schrieb im Jahr 1010 das Genji-monogatari (Geschichten des
Prinzen Genji), das als Höhepunkt der Prosa-Literatur der Heian-Zeit
gilt, letztere veröffentlichte um das Jahr 1000 ihr berühmtes
Makura-no-soshi (Kopfkissenbuch), in dem sie den Hofstaat der damaligen
Zeit kritisch beleuchtete.
Die großen Schulen des Mahayana-Buddhismus, Tendai und Shingon-shu,
kamen in dieser Zeit zu großem Vermögen und erheblicher
Macht, und entsprechend vielfältig war ihre Schutzherrschaft
über die Kunst in dieser Periode. Der Charakter der Regierung
änderte sich mit dem Aufstieg der Fujiwara ebenfalls. Die Zentralverwaltung
diente den Fujiwara mehr und mehr als Deckmantel; das Land war zu
dieser Zeit in große, erbliche Güter eingeteilt, die
den Adeligen als steuerfreie Zuwendungen für deren offizielle
Ämter überlassen wurden oder die an die großen buddhistischen
Klöster angeschlossen waren. Die meisten Bauern zogen es vor,
ihre Ländereien an diese Güter anzuschließen, um
so der schweren Steuerlast zu entrinnen, die für die Bewirtschaftung
öffentlichen Landes zu entrichten war. Auf diese Weise breiteten
sich die großen privaten Besitztümer im ganzen Land aus,
und die durch die Taika-Reformen geschaffene Ordnung wich zunehmend
einem System feudalistischer Land- und Machtaufteilung.
Aufkommen
der Samurai
Die Hegemonie der Fujiwara zerfiel nach dem Tod von Michinaga im
Jahr 1028, und die Macht verteilte sich nun in zwei Richtungen.
Mitte des 11.Jahrhunderts (im Jahr 1068) verloren die Fujiwara ihr
„Monopol" bei der Stellung der kaiserlichen Bräute,
und die abgekapselten Kaiser bildeten den Kern eines neuen Systems
„klösterlicher Regierung". Hierbei übernahmen
die abgedankten Kaiser, die das buddhistische Gelöbnis abgelegt
hatten, im Auftrag der regierenden Kaiser die Verwaltung. In der
Zwischenzeit hatten sich in den häufig gesetzlosen Provinzen
lokale Kampfgruppen zusammengeschlossen, die als Anhänger und
Beschützer des feudalen Adels und der Vasallen auftraten. Diese
ersten Samurai verwalteten und beschützten die Güter ihrer
aristokratischen Besitzer und standen in deren Dienst. Die Führer
dieses Kriegerstandes waren häufig Mitglieder der Adelsfamilien
Taira und Minamoto, die beide von kaiserlichen Prinzen gegründet
worden waren, oder aber sie gehörten ähnlichen aristokratischen
Gruppen an, die neuerdings außerhalb von Kyoto zu Reichtum
und Ansehen gelangt waren. Die Krieger der Taira beherrschten den
Südwesten, während die der Minamoto vorwiegend im Osten
agierten. Im 12.Jahrhundert dehnten diese beiden großen militärischen
Adelsfamilien ihren Machtbereich bis an den kaiserlichen Hof aus
und kämpften um die Vorherrschaft in ganz Japan.
1156 brach ein Bürgerkrieg zwischen den zurückgezogenen
und den regierenden Kaisern einerseits und den jeweils zugehörigen
Linien der Fujiwara-Familie andererseits aus; damit erhielten die
ritterlichen Adelsfamilien die Chance, ihren Vormachtanspruch durchzusetzen.
Nach einem zweiten Bürgerkrieg in den Jahren 1159/60 besiegten
die Taira die Minamoto und erlangten von den Fujiwara die Kontrolle
über Japan. Der Führer der Taira, Taira no Kiyomori, wurde
1167 zum ersten Minister ernannt und lehnte seine Politik an die
der Fujiwara an. Er besetzte die Ämter bei Hof mit Familienangehörigen
und verheiratete seine Tochter mit einem kaiserlichen Prinzen. Ihr
Sohn Antoku wurde im Jahr 1180 Kaiser. Im selben Jahr richtete ein
Reichsfeldherr der Minamoto, Minamoto no Yoritomo, sein Hauptquartier
bei Kamakura im Osten Japans ein und begann von dort aus zusammen
mit seinem Bruder Yoshitsune einen Aufstand, der letztlich die Taira
aus der Hauptstadt vertrieb. Dieser weitere Bürgerkrieg, Gempei-Krieg
genannt, dauerte fünf Jahre und endete 1185 mit der Seeschlacht
von Dannoura, in der Nähe des heutigen Shimonoseki in der Inlandsee,
bei der die Taira vernichtend geschlagen wurden und auch Kaiser
Antoku ertrank. Yoritomo wurde nun zum Herrscher über Japan
und beendete damit die Ära kaiserlicher Verwaltung und zugleich
die Heian-Periode. Er errichtete eine Militärherrschaft, die
Japan während der folgenden sieben Jahrhunderte regieren sollte.
Die Kamakura-Periode
(1192-1333): Erstes Schogunat
Yoritomo unterstrich den kompletten Bruch zwischen ziviler und militärischer
Regierungsform, indem er weiter in Kamakura residierte und sein
militärisches Hauptquartier, das bakufu (ursprünglich
japanisch für „Zeltregierung", später gleichbedeutend
mit Schogunat), als Mittelpunkt seiner neuen Verwaltung benutzte
und weiter ausbaute. Von dieser Zeit an entwickelte sich der japanische
Feudalismus ständig weiter und erreichte schließlich
einen Einfluss, den er während der Kaiserzeit nie erhalten
hatte. Yorimoto berief für die Verwaltung der Provinzen Militärgouverneure
und Vögte seines Vertrauens, die das Land parallel zu den offiziellen
Gouverneuren und Eigentümern verwalteten. 1192 wurde er in
das erbliche Amt des Seiitaischogun (eine Art oberster Feldherr)
berufen, auch kurz Schogun genannt. Damit hatte er die Macht, jederzeit
gegen die Feinde des Kaisers vorzugehen. Durch sein militärisches
Netzwerk war Yorimoto bereits der eigentliche Herrscher Japans,
doch der Titel eines Schoguns verlieh ihm auch offiziell die Führerschaft;
der Kaiser und sein Hofstaat waren gegenüber dem Schogun größenteils
machtlos. Kamakura wurde zum tatsächlichen Herrschersitz, während
Kyoto formal den Hof ohne Macht repräsentierte.
1219 gelangte die Hojo-Familie durch verschiedene Verschwörungen
und einige Morde an den Erben der Minamoto und ihrer Getreuen an
die Macht. Ein Hojo wurde jedoch niemals Schogun; stattdessen übte
die Familie bei der Ernennung der Schogune großen Einfluss
auf den Kaiser aus. Teilweise wurden kleine Kinder zum Schogun ernannt,
damit ein Hojo-Führer als shikken oder Regent die Regierungsgeschäfte
und damit die eigentliche Macht im Land übernehmen konnte.
Trotz des kriegerischen Endes der langen Heian-Periode blühte
Japan auch in der Kamakura-Ära im kulturellen Bereich auf.
Der tragische Niedergang der Taira wurde in einem Kriegsepos, dem
Heike monogatari (Erzählungen des Taira-Clans, 1220), verewigt.
Die klassische dichterische Tradition erfuhr mit der Fertigstellung
der Shinkokinshu (Neue Anthologie alter und moderner Gedichte) im
Jahr 1205 durch Fujiwara no Sadaie, genannt Taika, unter Kaiser
Go-Toba sogar ihren Höhepunkt. Auch neue Formen des Buddhismus,
insbesondere die Schulrichtungen Reines Land und Zen, breiteten
sich über das Land aus und genossen eine Beliebtheit, die den
alten Schulen nie zuteil geworden war. Der Zen-Buddhismus und das
klare Denken und Handeln der Militärherrscher inspirierten
wiederum die Kunst, etwa den kraftvollen Bildhauer Unkei und seine
Nachfolger.
Mongolische Bedrohung
und kaiserliche Restauration
Die Hojo behielten ihre Herrschaft mehr als 100Jahre. Ihre Statthalter
und Verwalter in den Provinzen gewannen Macht über private
Ländereien und deren Eigentümer. Sie verbanden sich mit
ihnen und bildeten neue Ritterstände, die Daimyos, die die
Autorität des Schogun untergruben. 1274 und erneut 1281 versuchte
das Mongolische Reich unter Kublai Khan, das damals bereits die
Kontrolle über China und Korea hatte, auch Japan einzunehmen
und landete in Kyushu; die Mongolen waren jedoch beide Male erfolglos.
Die Invasionen forderten höchsten Einsatz der Hojo, der u.a.
dazu führte, dass sie die Daimyos für ihre Unterstützung
bei den Kämpfen nicht mehr entlohnen konnten. Misswirtschaft
und Streitigkeiten unter den Hojo ermöglichten es Kaiser Godaigo
zusammen mit abtrünnigen Daimyos, insbesondere mit Ashikaga
Takauji, dem Oberhaupt der Ashikaga, eine Rebellion gegen die Hojo
durchzuführen. Die Revolte, auch Kemmu-Restauration genannt,
gipfelte 1333 in der Eroberung von Kyoto und Kamakura. Dies bedeutete
zugleich das Ende des Kamakura-Schogunats und den Untergang der
Hojo, deren Führer Selbstmord begingen.
Das Muromachi-Schogunat
(1338-1573)
Von 1333 bis 1336 versuchte Godaigo, die kaiserliche Verwaltung
wieder aufzubauen. Er konnte sich mit seinen nicht mehr zeitgemäßen
Ideen gegen Ashikaga Takauji nicht durchsetzen, der revoltierte,
indem er Godaigo aus Kyoto verbannte und seinen eigenen Kandidaten
zum Gegenkaiser („Nordkaiser") ernannte. Godaigo (als
„Südkaiser") und seine Anhänger flohen nach
Yoshino, einer Region südlich von Nara auf Honshu, und errichteten
dort einen rivalisierenden Hof, den so genannten „Südlichen
Hof". 1338 wurde Takauji zum Schogun und errichtete in Kyoto
sein eigenes Bakufu. Der Bezirk Muromachi in Kyoto, der zum Sitz
des Schoguns Ashikaga wurde, verlieh der ganzen Periode der Ashikaga-Herrschaft
seinen Namen. Der Erbfolgekrieg zwischen Godaigo und seinen Nachfolgern
und den von Ashikaga kontrollierten Gegenkaisern zog sich insgesamt
über 56Jahre hin. Am Ende, im Jahr 1392, kam es schließlich
zur Abdankung des ins Abseits gedrängten, rechtmäßigen
Kaisers in Yoshino und zu dessen Verzicht auf die geheiligten kaiserlichen
Insignien, die dem nunmehr sechsten Nordkaiser Gokomatsu übergeben
wurden; die Ashikaga-Kaiser waren damit legitime Herrscher Japans.
Die Ashikaga-Schogune waren jedoch nie in der Lage, absolute Kontrolle
über die mächtigen Daimyos auszuüben. Der dritte
Ashikaga-Schogun, Yoshimitsu, galt sowohl als kraftvoller politischer
Führer wie auch als Förderer des No-Dramas von Zeami.
Seine Nachfolger waren große Kunstmäzene und hatten ein
eher geringes Interesse an den Staatsgeschäften. Im Allgemeinen
lässt sich die Periode des Aufstiegs der Ashikaga daher als
Zeit der Verfeinerung der Sitten sowie eine Periode großer
künstlerischer und literarischer Werke bezeichnen. In dieser
Phase erhielt auch der Buddhismus als politische Kraft großen
Aufschwung. Während einiger Jahrhunderte waren die buddhistischen
Klöster so wohlhabend und einflussreich, dass sie eine bedeutende
Macht im Lande darstellten. Buddhistische Mönche und Laienbrüder
standen gelegentlich sogar in Rüstung und trugen Waffen, weshalb
sie am Ausgang einiger Schlachten maßgeblich beteiligt waren.
Der Einfluss der Ashikaga auf das politische Geschehen sank mit
der Zeit drastisch, was in innerfamiliären Streitigkeiten,
der verschlechterten Beziehung zum Kaiserhof und der mangelnden
Kontrolle der immer selbständiger werdenden Daimyos begründet
war.
Der Onin-Krieg
und die Zeit der kämpfenden Länder
Die zunehmende Macht der Daimyos und die Inkompetenz der Ashikaga
führten zum Ausbruch des Onin-Krieges (1467-1477). Dabei kämpften
die Daimyo-Familien Hosokawa und Yamana auf verschiedenen Seiten
um die Nachfolge der Ashikaga. Nach dem Krieg war kein eindeutiger
Sieger zu ermitteln, aber Kyoto war zerstört, die Autorität
der Ashikaga untergraben und die Macht der Daimyos beträchtlich
geschwächt. Die Ashikaga-Schogune wurden zu Schachfiguren in
einer neuen Ära erbitterter Machtkämpfe, die in Anlehung
an eine ähnliche Zeit in der chinesischen Geschichte die Bezeichnung
„Zeit der kämpfenden Länder" (sengoku jidai)
erhielt. Die alten Daimyo-Familien wurden abgelöst und durch
ihre Bezwinger ersetzt. Doch die konsequente Ausbreitung höfischer
Kultur wirkte sich auf die Provinzen positiv aus. Es entstanden
Handelsstädte, Burgen und Häfen. Durch die Befreiung von
den Einmischungen des Schoguns waren die neuen Daimyos oft bessere
Herrscher als ihre Vorgänger. Die Kultur dieser Ära wird
durch die herausragenden Tuschemalereien Sesshus und die Renga-Kettengedichte
von SOgi gekennzeichnet.
Allmählich wurden in der Folgezeit auch äußere Einflüsse
auf die Kultur Japans wirksam, die mit der Landung portugiesischer
Händler als den ersten Europäern in Japan (auf einer Insel
vor Kyushu) im Jahr 1542 ihren Anfang nahmen. Ihre Feuerwaffen (Musketen)
wurden von den einheimischen Handwerkern nachgebaut und die japanische
Kriegsführung erfuhr - jedoch zeitlich verzögert - einen
deutlichen Wandel. Auch die Religion wurde beeinflusst, nachdem
Franz Xaver, ein jesuitischer Missionar, 1549 das Christentum nach
Japan brachte.
Die Azuchi-Momoyama-Periode
(1573-1603)
Das chaotische Japan in der Zeit der kämpfenden Länder
wurde im 16.Jahrhundert durch die Azuchi-Momoyama-Periode wieder
vereinigt. Diese kurze Zeitspanne intensiver Veränderungen
ist benannt nach den beeindruckenden (aber bald zerstörten)
Burgen ihrer beiden wichtigsten Personen, Oda Nobunaga und Toyotomi
Hideyoshi; nach diesen bezeichnet man die Zeitspanne auch als Nobunaga/Toyotomi-Interregnum.
Der Ruhm Nobunagas und Toyotomis, dargestellt in den prachtvollen
Gemälden von Kano Eitoku, gilt stellvertretend für die
schillernde Kraft dieser Periode. Oda, ein von den Taira abstammender
General, leitete diese Zeit mit verschiedenen Siegen über die
Daimyos ein, die in einem Marsch auf Kyoto gipfelten (1568). Hierauf
ernannte er seinen Günstling zum Nachfolger für das Ashikaga-Schogunat.
Als dieser Schogun sich als ungehorsam erwies, verbannte Oda ihn
im Jahr 1573 aus Kyoto. Oda brach die Macht der Klöster in
den Jahren zwischen 1570 und 1580 und nahm dem Buddhismus seinen
politischen Einfluss. Er kombinierte eine weise Verwaltung der untergeordneten
Ländereien mit einer scharfen Verfolgung von Oppositionellen.
Als Oda von einem Vasallen 1582 ermordet wurde, übernahm Toyotomi
Hideyoshi die Macht, der sich unter Oda vom einfachen Bauern zu
einem Militärkommandeur emporgearbeitet hatte. Bis 1590 hatte
er Japan unter seiner Herrschaft vereint.
Der letzte Ashikaga-Schogun dankte 1588 ab, aber Hideyoshi war bereits
zuvor faktischer Herrscher. Er sicherte seine Herrschaft durch eine
streng systematische Verwaltung ab. Das Land wurde vermessen und
die Besteuerung auf der Basis des Reisertrags bemessen. Die Bauern
wurden in die Dörfer verwiesen und entwaffnet. Da er überzeugt
war, dass das Christentum sein Regime bedrohte, begann er mit der
Verfolgung japanischer Christen. Es gelang ihm jedoch nicht, eine
komplette Kontrolle über die nach wie vor mächtigen Daimyos
zu erhalten. Des Weiteren führte sein offensichtlicher Größenwahn
zu sinnlosen und zerstörerischen Invasionen in Korea (1592
und 1597) und zum erzwungenen Selbstmord seines bekannten Teemeisters
Sen no Rikyu. Hideyoshi erkrankte und starb 1598; seine Vasallen
brachen den Treueschwur zu seinem minderjährigen Sohn schon
bald darauf und kämpften um die Nachfolge. Schließlich
besiegte 1600 Tokugawa Ieyasu seine Rivalen in der Schlacht von
Sekigahara, an der alle übrigen Daimyos teilgenommen hatten.
Er wurde damit zum unumstrittenen Herrscher über das ganze
Land und beendete das Interregnum.
Tokugawa-Schogunat
und Edo-Zeit (1603-1868)
Ieyasu hatte sich im Jahr 1603 selbst zum Schogun ernannt und wies
dem Erben Hideyoshis einen niedrigen Posten in der Provinz zu. Er
errichtete sein Bakufu (Schogunat) bei Edo (heute Tokyo), der neuen
Hauptstadt. In kürzester Zeit wurde Ieyasu der mächtigste
Mann in Japan und entwickelte sowohl den kulturellen und ökonomischen
Bereich als auch den politischen Sektor weiter. Ieyasu zog sich
im Jahr 1605 offiziell als Schogun zurück, um sich ganz auf
den Ausbau der Herrschaft der Tokugawa-Dynastie zu konzentrieren.
1614 begann er mit einer Kampagne gegen die Familie Toyotomi, die
auf der Burg von Osaka residierte; bereits kurze Zeit später
hatte er die Burg erobert und damit die letzte noch vorhandene Opposition
zum Tokugawa-Schogunat vernichtet. 1615 erließ Ieyasu verschiedene
neue Regelungen und Gesetze, die die bereits von Hideyoshi geplante
Feudalorganisation dem Ende zuführte und Japan einen 250Jahre
lang anhaltenden Frieden bescherte und die kulturelle Blüte
der Edo-Zeit ermöglichte. Ieyasu starb zwar bereits im Jahr
1616, doch wurde seine Politik durch andere Tokugawa-Schogune fortgeführt.
Die
wohl wichtigste Regelung Ieyasus war das so genannte bakuhan-System,
durch das die Lehen der Daimyos (han) und die Daimyos selbst sowie
der Kaiser und sein Hofstaat einer strengen Kontrolle durch den
Schogun unterstellt wurden. Die Daimyos blieben zwar oberste Herrscher
über ihre Lehen, mussten dem Tokugawa aber die Treue schwören.
Darüber hinaus waren sie verpflichtet, sich jedes zweite Jahr
am Regierungssitz des Schogun - also in Edo - persönlich aufzuhalten,
sowie im jeweils anderen Jahr an ihren Lehnssitz zu ziehen, ihre
Familien jedoch als eine Art „Geiseln" in Edo zu lassen.
Dies band die Daimyos sehr eng an den Schogun und erstickte jeden
aufkommenden Aufruhr im Keim.
Die Landkonfiszierungen nach der Schlacht von Sekigahara hatten
die Tokugawa zur reichsten Familie unter den Daimyos gemacht. Sie
besaßen nun knapp ein Viertel der Landfläche Japans,
entweder unmittelbar oder oder über eng vertraute Vasallen.
Die Daimyos wurden entsprechend ihrem Verwandtschaftsgrad mit dem
Tokugawa oder aufgrund ihrer Taten bei Sekigahara eingeschätzt
und diejenigen, die man am ehesten eines Aufruhrs gegen den Schogun
verdächtigte, etwa die Lehnsherren der im Westen gelegenen
Gebiete Satsuma und Choshu, unterstanden der Kontrolle durch andere,
strategisch günstig platzierte, sehr loyale Lehnsherren.
Die Macht des Schoguns wurde weiter ausgedehnt; er konnte nun den
nachfolgenden Daimyo auf seinem Lehen selbst bestimmen oder diesen
nach Wunsch entlassen.
Die Gesellschaft unterteilte sich damals streng in vier soziale
Klassen: die Krieger (Samurai), die Bauern, die Handwerker und die
Kaufleute. Die Samurai wurden aus dem Land abgezogen und in befestigten
Burgstädten untergebracht, während die Bauern in Gruppen
mit wechselnder Verantwortung organisiert waren und bestimmte Reismengen
als eine Art Steuer an ihre Herren abliefern mussten. Diese von
Ieyasu und seinen Nachfolgern eingerichtete Form des Feudalismus
galt bis zum Ende der Feudalzeit in der Mitte des 19.Jahrhunderts.
Abschottung von
der Außenwelt und japanischer Feudalismus
Ein weiteres Merkmal der Tokugawa-Herrschaft war die absolute Abschottung
Japans von der westlichen Welt, die durch bestimmte Gesetze systematisch
betrieben wurde. Portugiesische, spanische und niederländische
Händler hatten Japan zwar im 16.Jahrhundert relativ häufig
besucht, doch blieb ihr Einfluss lange Zeit gering. Die Tokugawa-Schogune
hielten das Christentum für eine subversive Kraft. 1614 hatte
Ieyasu die Konversion von Adeligen zum Christentum verboten und
die Missionare des Landes verwiesen. Schon ab 1612 wurden die Christen
offiziell verfolgt, und nach dem Christenaufstand von 1637 fand
die Verfolgung ihren Höhepunkt. Die Spanier durften nach 1624
nicht mehr in Japan landen und eine Reihe von Edikten erging in
den folgenden Jahrzehnten, die auch das Reisen von Japanern ins
Ausland untersagte und selbst den Bau größerer Schiffe
verbot. Lediglich einer kleinen Gruppe holländischer Kaufleute
war es als einzigen Europäern erlaubt, nach wie vor im Land
zu bleiben. Sie waren jedoch auf die künstliche Insel Dejima
im Hafen von Nagasaki unter strengen Beschränkungen verbannt.
Auch der Handel mit China dauerte weiter an, war aber ebenfalls
genau reglementiert.
Während der folgenden beiden Jahrhunderte blieben die Formen
des japanischen Feudalismus statisch, und es kam kaum zu inneren
Veränderungen. Bushido, der Kodex der Feudalritter, wurde zum
Standard für die großen Daimyos und die Klasse der Samurai,
die ihren Herren als Beschützer und Verwalter dienten. Trotz
der Abschirmung von außen war die Edo-Zeit eine Periode der
Blütezeit von Kunst, Literatur und Wissenschaft. Die Wirtschaft
florierte vor allem in den Städten und brachte der Bevölkerung
Reichtum und Wohlstand. Kulturelle Aktivitäten waren hoch angesehen,
Kunst, Musik und Theater gehörten zum Alltag. Das Kabuki-Theater
erlebte seine Hochphase, die Malerei war maßgeblich von der
durch Honami Koetsu begründeten Schule und dem Ukiyo-e-Stil
geprägt. Später folgten die berühmten Bilder von
Hokusai und Hiroshige, die jedoch trotz der romantischen Landschaftsdarstellungen
bereits zur Zeit des Niedergangs der Edo-Zeit entstanden. In der
Literatur gehörten Ihara Saikaku, Chikamatsu Monzaemon und
Basho zu den wichtigsten Vertretern. Der Konfuzianismus wurde zur
neuen Ideologie der Regierung. Ein Gegengewicht zu dieser Entwicklung
bildete das aufkommende Interesse an den ursprünglichen japanischen
Traditionen, insbesondere am Shintoismus. Diese Tendenzen verkörpert
besonders die Ideologie von Motoori Norinaga, der eine neue Welle
des prokaiserlichen Nationalismus auslöste.
Während des 18.Jahrhunderts deuteten neue soziale und wirtschaftliche
Verhältnisse auf den Inseln bereits den unvermeidlichen Niedergang
des rigiden Feudalismus an. Die Bevölkerung wuchs schnell,
und die Beschränktheit der landwirtschaftlichen Ressourcen
wurde immer deutlicher, weshalb teilweise Nahrungsmittelrationierungen
für die bäuerliche Bevölkerung angeordnet wurden
- was jedoch ab 1730 zu Aufständen führte. Verarmte Bauern
flohen in die Städte, besitzlose Samurai bildeten die neue
Schicht der Ronin. Der Handel und die Geldwirtschaft gewannen zunehmend
an Bedeutung. Eine große, wohlhabende Schicht von Kaufleuten
erlangte bald großen sozialen und indirekt auch politischen
Einfluss, obwohl sie sich eigentlich am unteren Ende der formalen
Tokugawa-Hierarchie befand. Im 18.Jahrhundert war Edo mit einer
Million Einwohnern die größte Stadt der Welt und Zentrum
einer der fortgeschrittensten und blühendsten Wirtschaften
der vorindustriellen Welt.
Ende der Isolation
Japans langsam erwachendes Bewusstsein für die Außenwelt
fand schon im Jahr 1720 offiziellen Ausdruck, als der Schogun Yoshimune
die Ächtung europäischer Bücher und Studien aufhob.
Anfang des 19.Jahrhunderts mehrten sich die Besuche von Europäern,
meist Händlern oder Forschern, obwohl der Bann für die
Ausländer nach wie vor in Kraft war. Ausländische Schriften
und Ideen infiltrierten jedoch zunehmend das Japan der Edo-Zeit.
Dazu gehörten sowohl die Verwendung des Pigments Preußischblau
in der Malerei als auch das Aufkommen der perspektivischen Gestaltung
im Ukiyo-e-Stil.
Die USA waren besonders an einem Freundschaftsvertrag und, wenn
möglich, einem Handelsabkommen mit Japan interessiert. Der
Grund für diese amerikanische Politik war einerseits die erwünschte
Freilassung amerikanischer Walfänger, die auf ihren Schiffen
nahe der japanischen Küste festgehalten wurden, sowie andererseits
die geforderte Öffnung der japanischen Märkte. 1853 entsandte
die amerikanische Regierung eine offizielle Mission zum japanischen
Kaiser. Diese (zweite amerikanische) Gesandtschaft wurde von Kommodore
Matthew Calbraith Perry angeführt, der in langen Verhandlungen
am 31.März 1854 mit der Unterzeichnung des Vertrags von Kanagawa
ein Handelsabkommen zwischen Japan und den USA erreichte. Ein weiterer
Vertrag wurde unter Führung von Townsend Harris 1858 geschlossen.
1860 sandten die Japaner eine Mission in die Vereinigten Staaten,
und zwei Jahre später besuchten japanische Handelsmissionen
die europäischen Hauptstädte, um offizielle Handelsvereinbarungen
auch mit anderen Ländern zu treffen.
Japan öffnete sich eher auf Drängen der westlichen Mächte
als aus eigenem Wunsch dem Ausland. Der Abschluss der Verträge,
die den westlichen Nationen beträchtliche Privilegien einschließlich
der Exterritorialität zusicherten, wurde innerhalb Teilen Japans
als Schwäche des Schoguns ausgelegt. Die japanischen Kriegsherren,
durch altmodische Waffen benachteiligt, waren von der militärischen
Ausrüstung der Ausländer beeindruckt und wagten zunächst
keinen Widerspruch. Dennoch entwickelte sich sehr bald eine militante
ausländerfeindliche Fraktion, die besonders in der Zeit um
1860 teilweise auch Angriffe auf ausländische Händler
ausübte. Die Anführer der ausländerfeindlichen Bewegung
waren junge Samurai aus Satsuma, Choshu und den anderen großen
Lehnsstaaten, die immer gegen die Rolle der Tokugawa in Edo opponiert
hatten und mit prokaiserlichen Ideologien sympathisierten. Ihr antiwestlicher
Patriotismus unter dem Motto sonno joi („Es lebe der Kaiser,
Schluss mit der Barbarei") hatte die Wiedereinsetzung des Kaisers
und die Abschaffung des Schogunats zum Ziel.
Sie gewannen den Kaiser in Kyoto zur Unterstützung ihrer Ziele
und organisierten militärische Angriffe und Attacken auf ausländische
Schiffe in den japanischen Häfen. Die Bemühungen des Schoguns,
diese Übergriffe - etwa die von Ii Naosuke angeführte
Säuberungsaktion Ansei - zu stoppen, verliefen ergebnislos.
Die fremdenfeindliche Bewegung war jedoch nur von kurzer Dauer.
Sie endete in den Jahren 1863/64, nachdem westliche Kriegsschiffe
die Städte Kagoshima bzw. Shimonoseki in einem Rückzugsgefecht
bombardiert hatten.
Trotzdem hielt eine gegen den Schogun gerichtete Stimmung im Land
an. Choshu wurde 1864 von prokaiserlichen Samurai regiert, und ein
Vorstoß des Schoguns zur Befriedung dieser Region endete 1866
erfolglos. Sowohl das Schogunat als auch die Lehnsherren (Daimyos)
importierten westliche Waffen und die zugehörige Technik und
sprachen sich für neue Regierungsstrukturen aus, um der offensichtlichen
imperialistischen Bedrohung begegnen zu können. Nach einem
Kompromiss trat der letzte Schogun, Tokugawa Yoshinobu, Ende 1867
zurück; er sah für sich selbst jedoch in einer neuen Koalition
mit den Daimyos eine hohe Position vor. Dieser letzte Versuch, das
Schogunat noch zu retten, endete mit der Belagerung des Kaiserpalastes
in Kyoto am 3.Januar 1868 durch prokaiserliche Radikale. Sie riefen
die absolute Monarchie aus, und der Schogun trat offiziell zurück.
Die Meiji-Ära
(1868-1912)
Die Streitkräfte aus den Lehnsgebieten Satsuma, Choshu und
Tosa bildeten nun die kaiserliche Armee und zogen 1868 gegen die
Anhänger Tokugawas in den Krieg. Die meisten anderen Lehnsherren
hielten sich aus dem Konflikt heraus und warteten den Ausgang ab.
Dieser so genannte Boshin-Krieg endete schon nach kurzer Zeit mit
der Kapitulation der Schogunats-Armee in Edo. Der junge Kaiser Mutsuhito
stellte seine Regierungszeit unter das Motto Meiji („erleuchtete
Regierung") und wählte die Bezeichnung Meiji-Tenno als
Kaisertitel. Tatsächlich fungierte er eher als eine Art Legitimation
für die weit reichenden Veränderungen in Japan, die wesentlich
von Okubo Toshimichi, Saigo Takamori, Kido Takayoshi und den anderen
Samurai aus Choshu und Satsuma durchgeführt wurden, die die
meisten Ministerposten am Hof bekleideten. Diese Veränderungen
tragen die Bezeichnung Meijireformen. Sie bildeten die Grundlage
für einen modernen, japanischen Staat. Die kaiserliche Hauptstadt
wurde nach Edo verlegt und in Tokyo („Hauptstadt des Ostens")
umbenannt. 1869 übergaben die Führer der mächtigen
Provinzen Choshu, Hizen, Satsuma und Tosa ihre Besitzungen an den
Kaiser. Nachdem andere Adelsfamilien diesem Beispiel gefolgt waren,
erging im Jahr 1871 ein kaiserliches Dekret, das alle Lehnsgüter
abschaffte und stattdessen zentral verwaltete Präfekturen einsetzte
sowie die alten Daimyos zu Gouverneuren ernannte.
Unter der Herrschaft der Meiji blieb Japan vom europäischen
Imperialismus verschont, der zu dieser Zeit andere asiatische Länder
beherrschte, und verzichtete selbst auf kolonialistische Bestrebungen.
Die Japaner kopierten westliche Staatssysteme relativ detailgetreu;
ihr Ziel war es, Japan zu einer Weltmacht zu machen. Es galt der
Kernsatz fukoku kyohei („Das Land bereichern und die Armee
stärken"). Französische Offiziere wurden eingestellt,
um die Armee neu zu organisieren, britische Seeleute strukturierten
die Marine um, und niederländische Ingenieure überwachten
die neuen Anlagen auf den Inseln. Die Japaner wurden ins Ausland
geschickt, um fremde Regierungssysteme zu analysieren und deren
positive Errungenschaften in Japan einzuführen. Ein neues Strafgesetz
wurde in Anlehnung an das französische erlassen. Ein Erziehungsministerium
wurde 1871 eingerichtet, um ein allgemeines Erziehungssystem zu
etablieren, das auf dem Vorbild der Vereinigten Staaten basierte,
auch wenn dieses der Vermittlung einer nationalistischen prokaiserlichen
Ideologie dienen sollte, die sich aus dem Shintoismus ableitete.
Die rasante Industrialisierung fand unter der Kontrolle der Regierung
statt. Die allgemeine Wehrpflicht wurde 1872 eingeführt, und
vier Jahre später erfolgte kraft eines kaiserlichen Dekrets
die Abschaffung der Samurai. Dies führte beim Satsuma-Aufstand
von 1877 zu einer tragischen Konfrontation zwischen den Wehrpflichtigen
und den Samurai und endete mit dem Rebellentod des Samurai Saigo
Takamori. Weitere Neuerungen waren die Schaffung eines modernen
Postwesens, die Einführung des gregorianischen Kalenders (1873)
und der Bau der ersten Eisenbahn.
Die Änderungen im politischen System Japans wurden von oben
durch die Oligarchie der Choshu und Satsuma auferlegt und waren
nicht das Ergebnis politischer Forderungen aus dem Volk. Die Bauern
trugen nach wie vor die größte Steuerlast, und die Reisaufstände
dauerten bis in das 20.Jahrhundert hinein an. Dennoch stärkte
die konstitutionelle Regierung das Land und verbesserte Japans Position
in der Welt. 1881 kam der Vorschlag auf, ein nationales Parlament
einzurichten, der vom Kaiser als formales Versprechen aufgenommen
wurde. 1884 wurde ein Vorläufer des heutigen Oberhauses mit
einer Adelsriege aus fünf verschiedenen Rängen eingerichtet.
Nach deutschem Vorbild wurde 1885 ein Kabinett erstellt, dessen
erster Ministerpräsident Ito Hirobumi war. Der Geheime Rat
entstand 1888. Beide Gremien waren dem Kaiser gegenüber rechenschaftspflichtig.
Die neue Verfassung, von Marquis Ito im Wesentlichen nach dem Vorbild
Preußens ausgearbeitet, wurde 1889 erlassen. Das Zweikammerparlament
sollte aus einem Oberhaus mit 363Mitgliedern und einem Unterhaus
mit 463Mitgliedern bestehen, welche von jenen Bürgern gewählt
werden durften, deren jährliche Steuerzahlungen 15Yen überstiegen.
Die Macht des Kaisers wurde sorgsam bewahrt. Er durfte Gesetze per
Dekret erlassen und war der Einzige, der Kriegserklärungen
erlassen oder die Einstellung von Kriegshandlungen befehlen konnte.
Darüber hinaus konnte das Unterhaus durch kaiserlichen Erlass
aufgelöst und das Oberhaus vertagt werden. Die Verfassung bot
größere Freiheit als das Tokugawa-System und sicherte
erstmals das Privateigentum. Auch für politisch Andersdenkende
gab es einen größeren Spielraum, aber die Grenzen der
Exekutivgewalten blieben unklar. Spätere Verfassungsänderungen
lösten die Ministerposten für Armee und Marine auf und
richteten stattdessen die Positionen für Ministerialbeamte
ein. Das Militär behielt für die Kabinettsbildung ein
Vetorecht und blieb als einflussreiche politische Macht im Hintergrund.
In der Außenpolitik verfolgte Japan expansionistische Ziele.
1879 besetzte es die Ryukyu-Inseln, die seit 1609 unter japanischem
Protektorat standen, und unterstellte diese der Präfektur von
Okinawa. Der Kampf um die Kontrolle in Korea war der nächste
Expansionsschritt; dieser führte zum Konflikt mit China und
in der Folge zum Chinesisch-Japanischen Krieg (1894/95), in dem
die modernisierten japanischen Streitkräfte die chinesische
Armee und Marine nach kurzer Zeit besiegten. Im Frieden von Shimonoseki,
der im April 1895 geschlossen wurde, trat China die Insel Taiwan
(Formosa) und die Pescadores-Inseln an Japan ab und entrichtete
umfangreiche Kompensationszahlungen. Der Vertrag sah ursprünglich
auch die Übergabe der Liaodong-Halbinsel (südliche Mandschurei)
an Japan vor, aber auf Intervention Russlands, Frankreichs und Deutschlands
musste Japan stattdessen weitere Ausgleichszahlungen akzeptieren.
Der rasche und überlegene Sieg in Korea verdeutlichte der restlichen
Welt die Existenz einer neuen militärischen Macht in Ostasien.
Im Vorfeld zu den Verhandlungen über eine volle Gleichberechtigung
mit den anderen Großmächten hatte Japan 1890 seine Gesetze
zum Strafrecht, zum bürgerlichen Recht und zum Handel vollständig
überarbeitet und nach westlichen Modellen ausgerichtet. Auf
diese Weise konnte das Kaiserreich die Zurücknahme der Exterritorial-Klauseln
aus den Verträgen mit Japan fordern, was bis 1899 von allen
Großmächten akzeptiert wurde. 1894 öffnete sich
Japan dem freien Handel mit den Vereinigten Staaten und Großbritannien.
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