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Der Zeitraum zwischen dem gescheiterten Indienfeldzug Alexanders des Großen (327 - 325 v.Chr.) und den Invasionen hunnischer Stämme in Nordindien (um 460 - 530 n.Chr.) umfasst die Geschichte zweier Großreiche und einer von den Folgen weiträumiger Völkerwanderungen geprägten »Zwischenphase«. In diesen Jahrhunderten wurden nicht nur wesentliche Fundamente der nordindischen Kulturen gelegt, sondern auch große zentralasiatische Volksgruppen assimiliert.
Teile der Geschichte dieses Zeitraumes bleiben jedoch aufgrund einer ungünstigen Quellenlage weitgehend im Dunkeln. Die Rekonstruktion der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen stützt sich in erster Linie auf Inschriften, Münzen und Siegel, die jedoch keineswegs für alle Jahrhunderte und Regionen gleichmäßig vorliegen. Von eingeschränktem Quellenwert für ein vorwiegend auf die politische Geschichte ausgerichtetes Forschungsinteresse sind Texte, die entweder wie die Staats- und Rechtslehrbücher normati- ven oder wie die erzählende Literatur legendenhaften bzw. verherrlichenden Charakter haben. Auch die Berichte westlicher antiker Autoren sind mit Vorsicht zu betrachten, da fraglich ist, inwieweit diese die Phänomene, die sie beschreiben, wirklich verstanden. Aufschlussreich sind dagegen nicht selten die Ergebnisse archäologischer Untersuchungen.

Das Mauryareich
Der politische Aufstieg der Maurya steht vermutlich in engem Zusammenhang mit dem Sieg des Dynastiebegründers König Candragupta (Tschandragupta) Maurya über Teile der Truppen Alexanders, die dieser nach seinem durch eine Meuterei der erschöpften Soldaten erzwungenen Rückzug im Industal zurückgelassen hatte. Candragupta eroberte in der Folge dieses Sieges Magadha, das seit dem späten 6. (oder, abhängig von der Datierung des Buddha, 5.) Jahrhundert v.Chr. Machtschwerpunkt in Nordindien war, und usurpierte schließlich um 320 v.Chr. den Thron der Nandadynastie, unter der Magadha seit etwa 365 v.Chr. seinen Einflussbereich weiter ausgedehnt hatte. In den Jahren 305 bis 303 v.Chr. gelang es Candragupta, einen Angriff Seleukos' I. Nikator, der das nach ihm heute Seleukidenreich in Vorderasien, einen der Nachfolgestaaten des Alexanderreiches, begründet hatte, im Pandschab abzuwehren und diesem König in einem Friedensvertrag Belutschistan (in der klassischen Antike Gedrosien genannt) und Teile des heutigen Afghanistan (Arachosien) abzunehmen. Die Beziehungen zwischen den Seleukiden und den Maurya scheinen sich in der Folgezeit normalisiert zu haben; die langjährige Anwesenheit des Botschafters Megasthenes am Königshof in Pataliputra (dem heutigen Patna im Gliedstaat Bihar) und der Austausch von Gesandten mit der hellenistischen Welt in späteren Jahrzehnten belegen ein relativ konfliktfreies Nebeneinander der Nachbarreiche.
Megasthenes' Bericht, der nur noch in Auszügen bei griechischen und römischen Autoren, vor allem in den Werken der griechischen Schriftsteller Strabon, Diodor und Arrian, vorliegt, beschreibt das Mauryareich unter Candraguptas Herrschaft als einen in der Umgebung der Metropole zentral verwalteten, in anderen Teilen des Reiches jedoch nur lose strukturierten Staat, in dessen Grenzen sich auch eine Reihe autonomer, nicht der Herrschaft des Mauryakönigs unterworfener Territorien befand. Auf eine solche Heterogenität lassen auch die Inschriften König Ashokas, auf die noch eingegangen wird, schließen. Ein anderes Bild zeichnet dagegen das »Arthashastra«, ein dem Brahmanen Kautilya zugeschriebenes Staatslehrbuch, das zumindest in wesentlichen Teilen vermutlich ebenfalls während der Regierungszeit Candragupta Mauryas entstand. In diesem Werk, das auch heute noch einer Vielzahl von Historikern als Modell des Mauryareiches dient, wird der Staatsaufbau als einheitlich und zentralistisch beschrieben. Inwieweit hier jedoch tatsächlich die politische Realität im Indien jener Jahrzehnte geschildert wird oder doch eher das Staatsideal des Autors seinen Ausdruck findet, bleibt für einen großen Teil der im »Arthashastra« behandelten Themen eine offene Frage. Jedoch gibt Kautilya, welcher der indischen Tradition zufolge Minister Candraguptas war, wertvolle Informationen über die zeitgenössischen Idealvorstellungen von Königtum und Königsherrschaft, die weit über die Mauryazeit hinaus wirksam waren.
Über die Herrschaft von Candraguptas Sohn und Nachfolger Bindusara, der von etwa 300 bis 272 v.Chr. regierte, ist fast nichts bekannt. Möglicherweise kam es nach seinem Tod zu Thronfolgestreitigkeiten; sein Sohn Ashoka jedenfalls konnte seine Königsherrschaft vermutlich erst nach einem Interregnum im Jahre 269 oder 268 v.Chr. antreten. Bereits zu Lebzeiten seines Vaters soll Ashoka jedoch Unterkönig in Ujjain im heutigen Gliedstaat Madhya Pradesh gewesen sein.

Die Herrschaft Ashokas
Die politische Geschichte der rund 35-jährigen Königsherrschaft Ashokas ist trotz einer größeren Zahl von Inschriften, die er vorwiegend auf Felsen und Steinsäulen an exponierten Stellen in verschiedenen Sprachen und Schriften anbringen ließ, nur in Umrissen rekonstruierbar. Eines der wenigen bekannten Ereignisse ist die vermutlich im Jahre 260 v.Chr. mit einem verlustreichen Krieg einhergegangene Eroberung Kalingas, eines Reiches im heutigen Gliedstaat Orissa. In seinem 13.Felsenedikt, das in Kalinga selbst allerdings fehlt, reflektierte Ashoka öffentlich die Folgen dieser Eroberung und brachte seine Reue über das Blutvergießen zum Ausdruck. Zugleich verkündete er in dieser Inschrift ein neues außenpolitisches »Programm«: In Zukunft solle nicht mehr mit Waffengewalt, sondern mithilfe des »dharma« erobert werden. »Dharma« ist ein komplexer, kaum in europäische Sprachen zu übersetzender Begriff, der sowohl Recht und Gesetz als auch (religiöse und gesellschaftliche) Pflichterfüllung, Rechtschaffenheit und im buddhistischen Kontext die Lehre des Buddha bezeichnet. Ein großer Teil der Inschriften Ashokas, die öffentlich verlesen wurden, befasst sich mit dem »dharma« und seiner Verbreitung, einem besonderen Anliegen des Königs, wobei »dharma« hier weit gefasst als ethisch richtiges Handeln verstanden und nicht in explizit buddhistischem Sinne verwendet wird.
Tatsächlich gibt es keine Anhaltspunkte für weitere Angriffskriege während der Regierungszeit Ashokas. Dafür belegen einige Inschriften die Entsendung von Beamten, die speziell für die Ausbreitung des »dharma« zuständig waren, aber wahrscheinlich auch seine Einhaltung überwachen sollten. Eine große Rolle im Rahmen dieser Dharmapolitik spielte die erhebliche Einschränkung der Tötung von Tieren. So verbot Ashoka bereits in seinem 1.Felsenedikt Tieropfer, die in brahmanistischen Kulten praktiziert wurden. Spätere Inschriften wiederholen solche Verbote und stellen im Einzelnen aufgelistete Tierarten unter Schutz. Andere Inschriften betonen Ashokas Willen zu einer Art »Wohlfahrtspolitik«, der in der explizit väterlichen Fürsorge für seine Untertanen seinen deutlichsten Ausdruck fand. Dabei wurden auch konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität der Untertanen angekündigt, so zum Beispiel die Einrichtung von »Gesundheitszentren«, der Ausbau der Infrastruktur, das weiträumige Pflanzen von Bäumen und der Anbau von Heilkräutern. In einem anderen Edikt gab Ashoka Empfehlungen für die humane Behandlung von Bediensteten und Gefangenen. Einige der Inschriften Ashokas enthalten Instruktionen für Beamte, wobei besonderer Wert auf eine unparteiische, gerechte Amtsausübung gelegt wurde. Aber wenn sich Ashoka auch väterlich gab, so verlor er dennoch nicht die Staatsräson aus den Augen und drohte potenziellen Widersachern mit Sanktionen, wie beispielsweise Angehörigen von Stämmen, die seiner Herrschaft nicht unterworfen waren. Diesen gegenüber äußert er im 13. Felsenedikt, er wolle ihnen trotz aller zuvor betonten Reue seine Macht verkünden, »damit sie sich zurückhalten mögen und nicht getötet werden«.
Aufgrund solcher Anweisungen, aber auch aufgrund der weiträumigen Verteilung der Inschriften in Nord-, Zentral- und Südindien und mit Blick auf die Entwürfe des »Arthashastra« wurde immer wieder vermutet, dass es sich bei Ashokas Reich um ein zentralistisch organisiertes System gehandelt habe. Ashoka habe über ein großes Potenzial an Beamten verfügt, das die Durchsetzung seiner Politik bis an die Peripherie des Mauryareiches ermöglicht habe. Seine Regierungsweise könne daher als »paternalistischer Despotismus« gekennzeichnet werden (Romila Thapar). Dieser Vorstellung wurde jedoch auch widersprochen: Das »Arthashastra« sei wegen seiner unsicheren Datierung und wegen seines normativen Charakters von zweifelhaftem Quellenwert. Die noch erhaltenen Inschriften gäben nur vereinzelte Informationen über die Organisation des Reiches; die Funktion der meisten der in den Edikten erwähnten Institutionen und Ämter bleibe unklar. Zudem falle auf, dass die Mehrzahl der erhaltenen Inschriften sich an den Rändern des Mauryareiches gefunden hätten. Diese Tatsache deute darauf hin, dass Ashoka Auflösungserscheinungen an der Peripherie habe entgegenwirken und seinen persönlichen Herrschaftsanspruch gerade in nicht mehr direkt von der Zentrale verwalteten Gebieten habe betonen wollen. Darüber hinaus sei verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Edikten ein Sonderstatus eingeräumt worden, was auf eine Dezentralisierung der Verwaltung hinweise. Ashoka habe sich in seinen Edikten zwar als absoluter Herrscher präsentiert, die konkrete Ausübung der Herrschaft habe er jedoch weitgehend an seine Beamten delegiert. Angesichts der großen Ausdehnung und der vermutlich vergleichsweise geringen infrastrukturellen Ausstattung des Mauryareiches sei eine zentrale Verwaltung ohnehin nur schwer vorstellbar. Ashoka habe wahrscheinlich nur das Kerngebiet Magadha selbst verwaltet, während entferntere Reichsteile Beamten mit weit reichenden Befugnissen unterstanden hätten (Gérard Fussman). Auch Romila Thapar geht in neueren Arbeiten zwar von einer straffen Administration des »metropolitanen« Gebiets aus, betont jedoch ebenso die destabilisierende Rolle einer politisch und wirtschaftlich nur ungenügend eingebundenen Peripherie.
Weitgehende Einigkeit herrscht in der Forschung über die herausragende Stellung des »dharma« und des Anliegens seiner Verbreitung in Ashokas Politik. Diese steht wohl in einem engen Zusammenhang mit Ashokas Hinwendung zum Buddhismus, die häufig als Bekehrung in der Folge des blutigen Kalingakrieges dargestellt wird. Wahrscheinlich handelte es sich jedoch nicht um eine regelrechte Konversion, sondern um eine schrittweise Annäherung an die buddhistische Lehre. Aufschluss darüber geben insbesondere solche Inschriften, die an die buddhistische Gemeinde gerichtet sind und den Charakter persönlicher Glaubensbekenntnisse haben. Inschriften belegen außerdem Pilgerfahrten Ashokas zu einigen heiligen Stätten des Buddhismus (Bodh Gaya, Lumbini). Schließlich überliefert das vermutlich um 240 v.Chr. zu datierende Schismenedikt Ashokas Bemühungen um die Einheit der Gemeinde: Er drohte darin Dissidenten mit Ausschluss aus dem Orden.
Um Ashokas Tod ranken sich in der buddhistischen Literatur einige Legenden. Im »Ashokavadana«, einem »Heiligenleben« des Königs, wird berichtet, Ashoka habe gegen Ende seines Lebens seinen Enkel als Thronfolger eingesetzt (nach den meisten anderen Quellen kam jedoch sein Sohn Kunala an die Herrschaft). Seinen gesamten Besitz habe er an ein Kloster verschenkt, bis er schließlich von seinem Nachfolger praktisch entmündigt worden sei, der damit den Staatsschatz vor Ashokas Freigebigkeit habe schützen wollen.
Schon bald nach Ashokas Tod (vermutlich im Jahre 232 v.Chr.) zerfiel das Mauryareich. Die ungünstige Quellenlage erlaubt keine zuverlässige Rekonstruktion der politischen Geschichte unter den Nachfolgern Ashokas. Möglicherweise kam es nach seinem Tod zu einer Reichsteilung; die ohnehin wohl schon zu seinen Lebzeiten weitgehend selbstständigen Randgebiete erlangten ihre Unabhängigkeit zurück. Wahrscheinlich wurde der letzte Mauryakönig um 180 v.Chr. von Pushyamitra Shunga, dem Begründer der Shungadynastie, ermordet.

Die »dunkle Periode«
Bei der Suche nach Ursachen für den raschen Zerfall des Großreiches nach Ashoka wurde gelegentlich vermutet, brahmanischer Widerstand gegen dessen buddhismusfreundliche Politik habe das Reich zerstört. Andere Forscher sahen in Ashokas pazifistischen Neigungen die Wurzel der nachhaltigen Schwächung des Mauryareiches. Dieser These wurde entgegengehalten, dass Ashoka bei der Durchsetzung seiner Dharmapolitik keineswegs vor Gewaltanwendung zurückgeschreckt sei. In der neueren Forschung werden vor allem die oben erwähnten strukturellen Probleme verantwortlich gemacht; auch die im ideologischen und politischen Bereich sehr starke Bindung an die Herrscherpersönlichkeit Ashokas mag nach dessen Tod zu einem schnellen Niedergang des Reiches beigetragen haben.
Die Shunga standen dem Brahmanismus nahe; unter Ashoka verbotene Tieropfer wurden wieder eingeführt. Dennoch scheinen die Shunga ihre buddhistischen Untertanen nicht nur unbehelligt gelassen, sondern sogar gefördert zu haben, wie die Erweiterung buddhistischer Heiligtümer unter dieser Dynastie vermuten lässt.
Abgelöst wurden die Shunga von den Kanva, denen jedoch nur eine vergleichsweise kurze Herrschaft beschieden war: Vermutlich im Jahre 28 v.Chr. wurde der letzte Kanvakönig Susharman von den in Zentralindien ansässigen Satavahana besiegt. Das von Ashoka unterworfene Kalinga erlangte in der Mitte oder gegen Ende des 1.Jahrhunderts v.Chr. unter seinem König Kharavela, der Eroberungsfeldzüge ins nördliche, südliche und westliche Indien unternahm, vorübergehend wieder politische Bedeutung. Seine Hathigumphainschrift, die sich in einer großartigen Höhlenanlage in Orissa befindet, ist eine wichtige Quelle für die Phase zwischen den Großreichen der Maurya und der Gupta eine Phase, die besonders in der Geschichtsschreibung der Kolonialzeit, aber auch in der neueren indischen Geschichtsschreibung oft als »dunkle Periode«, als Zeit der politischen Wirren und der Fremdherrschaft, wahrgenommen wurde, obwohl die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung dieser Jahrhunderte in mancher Hinsicht die der darauf folgenden Zeit übertraf.
Die politischen Verhältnisse der Jahrhunderte zwischen dem Zerfall des Maurya- und dem Aufstieg des Guptareiches wurden maßgeblich bestimmt zum einen von den Indogriechen, zum anderen von zentralasiatischen Stammesgruppen, denen es für einige Zeit gelang, weite Teile Nordindiens unter ihren Einfluss zu bringen. Während wir über die Geschichte der Indogriechen aufgrund zahlreicher Münzen und dank einiger westlicher antiker Autoren relativ gut unterrichtet sind zu nennen sind hier unter anderem die im Original zwar verlorenen, aber in Zitaten bei anderen Autoren überlieferten Werke von Apollodor und Pompeius Trogus sowie der anonyme »Periplus des Erythräischen Meeres«, ist über die Herrschaft der aus Zentralasien stammenden Shaka (Saken) und Kushana aus literarischen Quellen nur wenig bekannt. Allerdings sind auch für ihre Geschichte Münzen, die sich an indogriechische Vorbilder anschlossen, eine wesentliche Quelle. Für die Kushanazeit liegen darüber hinaus auch einzelne Inschriften vor.
Als sich in der Mitte des 3.Jahrhunderts v.Chr. Diodotos, Statthalter der Seleukiden in Baktrien im heutigen Afghanistan, zum unabhängigen Herrscher erklärte, begann die Vorgeschichte der griechischen Herrschaft in Indien. Erst Euthydemos, ein Verwandter oder hoher Beamter von Diodotos, erlangte die offizielle Anerkennung der Unabhängigkeit Baktriens durch die Seleukiden. Vielleicht in Nachahmung Alexanders stießen seine Nachfolger nach Indien vor. König Demetrios I. gelang mithilfe seines Bruders Apollodoros und seines Generals Menander möglicherweise bereits um 180 v.Chr. die Eroberung großer Teile Nordindiens, die jedoch von dem bereits als Usurpator des Mauryathrones vorgestellten Pushyamitra Shunga relativ bald wieder rückgängig gemacht wurde. Ein sich ausweitender Aufstand in Baktrien beendete das Königtum des Demetrios; der im Pandschab und den östlich davon gelegenen, von Demetrios eroberten Ländern als Statthalter eingesetzte Menander konnte jedoch seine Herrschaft in Nordindien festigen, sich zum König erheben und rund 25 Jahre regieren (um 155130 v.Chr.). Unter dem Namen Milinda bewahrt ein buddhistischer Lehrtext (»Milindapanho«; »Die Fragen des Milinda«) sein Andenken in Indien.
Sichtbarstes Zeichen des indogriechischen Kulturaustausches ist die nach einer Region im heutigen Nordpakistan benannte Gandharakunst, in der sich indische Inhalte mit hellenistisch-provinzialrömischen Formen verbanden.
Die griechische Herrschaft in Nordindien wurde zu Beginn des 1.Jahrhunderts v.Chr. von zentralasiatischen Stammesgruppen, über deren Wanderbewegungen chinesische Quellen informieren, beendet bzw. abgelöst. Der erste Stammesverband, dem es gelang, ein dauerhaftes Reich in Baktrien und Nordwestindien zu begründen, waren die Shaka, die Saiwang der chinesischen Texte. Von den »Weißen Hunnen« und den von diesen vertriebenen Yuezhi immer weiter nach Westen gedrängt, bedrohten die Shaka im 2.Jahrhundert v.Chr. zunächst die Parther und siedelten dann im Bereich des heutigen Südafghanistan. Im 1.Jahrhundert v.Chr. zogen Teile des Stammesverbandes weiter nach Indien. Seine beiden ersten Könige Maues und AzesI. etablierten die Shakaherrschaft in Baktrien und Nordwestindien. In den ersten Jahrzehnten des 1.Jahrhunderts n.Chr. verfiel die Macht der Shaka. Jedoch konnten im Westen Indiens noch bis ins späte 4.Jahrhundert als ihre Nachfolger verschiedene kleinere Dynastien der Shaka-Kshatrapa (nach dem Zerfall des Shakareiches unabhängig gewordene frühere Provinzgouverneure) ihre Herrschaft behaupten. Den Shaka folgte der ebenfalls ursprünglich in Zentralasien beheimatete Stammesverband der Yuezhi, der sie rund 200 Jahre zuvor aus ihrem dortigen Siedlungsgebiet vertrieben hatte. Angeführt wurde dieser erneut von den »Weißen Hunnen» unter Druck gesetzte Stammesverband von den Kuishuang, den Kushana, die unter Kujala Kadphises und seinem Sohn Wima Kadphises große Teile Westasiens und Nordwestindiens eroberten. Ähnlich wie bereits die Shaka übernahmen die Kushana das indogriechische Münzsystem. Einen deutlichen Ausbau erlebte unter ihnen der zwar schon seit dem 2.Jahrhundert v.Chr. florierende Handel mit der mediterranen Welt, dessen Intensivierung jedoch in die Regierungszeit des Augustus (27 v.Chr. bis 14. n.Chr.) fiel. Die politischen und administrativen Strukturen des Kushanareiches sind jedoch wenig bekannt.
Erhebliche Probleme bereitet nach wie vor die Datierung der Kushanakönige. Besonders beschäftigt hat die Forschung König Kanishka, der (möglicherweise nicht unmittelbare) Nachfolger des Wima Kadphises, unter dessen Regierung das Kushanareich seine wohl größte Ausdehnung erreichte. Die Datierungsvorschläge für den Beginn der von ihm eingeführten Ära schwanken dabei zwischen 78 und 144 n.Chr. Auch die Genealogie der Nachfolger Kanishkas bleibt mangels eindeutiger Quellenaussagen umstritten. Der letzte inschriftlich belegte Kushanaherrscher ist Vasudeva, dessen Name den König als Anhänger eines Hindukultes ausweist, während Kanishka als Förderer der buddhistischen Gemeinde gilt, wobei dieser allerdings auch iranische und griechische Gottheiten verehrte ein Nebeneinander zahlreicher Religionen war charakteristisch für die Blütezeit der Kushana.
Das Großreich der Kushana zerfiel wohl bald nach Kanishkas Tod; in West- und Zentralasien und in Teilen Nordwestindiens scheinen sich einzelne seiner Nachfolger jedoch bis ins 4.Jahrhundert n.Chr., in der Gegend um Kabul sogar bis ins 5.Jahrhundert n.Chr. als regionale oder lokale Herrscher gehalten zu haben.
In der Zeit dieser stürmischen Geschehnisse im Norden nach dem Ende des Mauryareiches setzte im zentralen und südlichen Indien eine politische Entwicklung ein, die zur Bildung erster Staaten in dieser Region führte. Eine ausgedehnte Kontroverse unter Historikern rankt sich um die Frage, ob hierbei vor allem die Präsenz der Maurya im Süden auf die einheimischen Eliten stimulierend wirkte oder ob einheimischen Kräften die entscheidende Rolle zukam.
Bereits in den Inschriften Ashokas erfahren wir von einigen Stammesfürstentümern im Süden (wie den Cola, Pandya und Kerala), die später teilweise zu bedeutenden Staaten aufsteigen sollten. Auch die Andhra im südöstlichen Indien werden erwähnt. Diesem Volk entstammte die spätestens im 1.Jahrhundert v.Chr. (ihre Chronologie ist noch immer Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen) zu großer Macht gelangende Dynastie der Satavahana, die uns bereits als Vernichter der Kanva von Magadha begegnet ist. Besondere Bedeutung gewann dieses Reich, welches (trotz langwieriger Auseinandersetzungen mit den erwähnten Shaka-Kshatrapa) bis ins frühe 3.Jahrhundert n.Chr. das politische Geschehen im Dekhan wesentlich bestimmte, durch seine aktive Gestaltung des Seehandels mit den Häfen des Roten Meeres und mit Südostasien. Aber die Satavahana bauten nicht nur das maritime Handelsnetz aus, sondern auch ein Binnensystem zur Verhandlung der Güter, das sich häufig auf buddhistische Klöster stützte, die mit königlichen Landschenkungen versehen an strategisch wichtigen Handelsknotenpunkten lagen. Diese Förderung des Buddhismus schlug sich auch in der großartigen künstlerischen Entwicklung im subkontinentalen Indien der Jahrhunderte um die christliche Zeitenwende nieder, als zahlreiche Höhlentempel (wie Karle, Kanheri, Bhaja und die frühen Höhlen von Ajanta) und Stupas, das heißt Grab- oder Erinnerungsmale für den Buddha (unter anderem Sanchi, Amaravati und Nagarjunakonda), entstanden bzw. ausgebaut wurden.
Von den Mächten, die beim Zerfall des Reiches der Satavahana politisch aufstiegen, sind hier besonders die Vakataka zu nennen, die zu der nun zu behandelnden Dynastie der Gupta Heiratsverbindungen eingingen da sie auch in kultureller Hinsicht durchaus ebenbürtig mit dieser nordindischen Dynastie sind, spricht man für die folgende klassische Zeit auch vom »Gupta-Vakataka-Zeitalter«.

Das Guptareich
Über die Geschichte des Großreiches der Gupta, einer Dynastie, die vermutlich aus den östlichen Gebieten des heutigen Gliedstaates Uttar Pradesh stammte, sind wir wieder besser informiert. Die Mehrheit der Guptakönige hinterließ Inschriften und Münzen; hinzu kommen Siegel und Überreste aus dem Bereich der bildenden Kunst und literarische Werke.
Wie bei den Maurya liegen die genaue Herkunft und die näheren Umstände des Aufstiegs der Guptadynastie weitgehend im Dunkeln. Der mutmaßliche Begründer Shri Gupta und sein Nachfolger Ghatotkaca sind uns nur aus einer Inschrift ihres Urenkels bzw. Enkels Samudragupta bekannt. Möglicherweise gelangte erst Ghatotkacas Sohn Candragupta I. (um 320335) zur Königsherrschaft. Von entscheidender Bedeutung für die politische Zukunft der Gupta scheint die Eheschließung CandraguptasI. mit Kumaradevi, einer Prinzessin aus der Familie der Licchavi, gewesen zu sein. Die Gupta herrschten damals vermutlich über ein beachtliches Gebiet mit dem Kernland Magadha, das uns bereits als Machtzentrum der Maurya begegnete. Durch die Heirat kamen wohl Nepal sowie Teile Nordbihars und Bengalens hinzu. Die Tatsache, dass Candraguptas und Kumaradevis Sohn Samudragupta sich auf einigen seiner Münzen als »Tochtersohn« der Licchavi bezeichnete, in dieser Familienverbindung also eine besondere Auszeichnung zu sehen schien, unterstreicht die politische Bedeutung des Ehebündnisses.
Wichtigste Quelle für Samudraguptas Königsherrschaft (um 335 bis 375) ist eine lange Inschrift, die er auf einer Säule Ashokas im heutigen Allahabad anbringen ließ. Darin erzählt der Hofdichter Harishena, dass König Candragupta I. in einer Versammlung Samudragupta zum Nachfolger bestimmt habe. Diese Nachfolgeregelung fand, so deutet Harishena an, nicht bei allen Beteiligten Zustimmung, vielmehr sollen einige der anwesenden Prinzen Enttäuschung empfunden haben. Möglicherweise verbirgt sich hier ein Hinweis auf Thronfolgekonflikte vor und unmittelbar nach dem Tod Candraguptas.
Der größere Teil der Allahabadinschrift befasst sich mit Samudraguptas Eroberungen. Neben der Unterwerfung einiger Könige in unmittelbarer Nachbarschaft des Kerngebiets seines Reiches unternahm er einen großen Feldzug durch das zentrale und südöstliche Indien. Obwohl die Inschrift den Eindruck erweckt, Samudragupta habe sich auf verschiedene Weise alle im Text im Einzelnen aufgeführten Reiche untertan gemacht, ist wohl davon auszugehen, dass sich die faktische Herrschaft der Gupta auf Nordindien und Teile Zentralindiens beschränkte. Könige entlegenerer Reiche erkannten vermutlich nur nominell Samudraguptas Oberherrschaft an, blieben de facto jedoch unabhängig.
Auch Samudraguptas Nachfolge war möglicherweise nicht konfliktfrei. Das Sanskritdrama »Devicandragupta« berichtet über einen wenig rühmlichen Herrscher namens Ramagupta, der wegen seiner Schandtaten von seinem jüngeren Bruder Candragupta (II.) ermordet wird, woraufhin dieser selbst den Thron besteigt. Nachdem lange Zeit die Historizität Ramaguptas, der inschriftlich nicht belegt ist, bezweifelt worden war, wird das Problem dieses mutmaßlichen Guptaherrschers nach der Entdeckung von drei zeitgenössischen Jaina-Bildinschriften, die einen König Ramagupta erwähnen, neu diskutiert.
Außer Münzen sind noch einige Inschriften aus der Zeit Candraguptas II. (um 375/380413/415) erhalten. Die Quellen belegen, dass auch Candragupta II. bedeutende militärische Aktivitäten entfaltete. Die sich noch immer im westlichen Indien haltenden Shaka-Kshatrapa, zu denen sein Vater Samudragupta diplomatische Beziehungen unterhalten hatte, wurden von CandraguptaII. endgültig besiegt. Folgenreich war auch die Heirat seiner Tochter Prabhavatigupta mit Rudrasena II. (um 385390), dem König der benachbarten Vakataka, die uns bereits als Nachfolger der Satavahana begegnet sind und nun über ein großes Reich in Zentralindien herrschten. Rudrasena II. starb nämlich nach nur kurzer Regierung und hinterließ zwei kleine Söhne. Seine Witwe Prabhavatigupta übernahm die Regentschaft für die beiden Söhne; das Vakatakareich war also bis zur Inthronisierung des älteren vermutlich im Jahre 410 de facto Bestandteil des Guptareiches.
Candraguptas II. Regierungszeit wird oft als Höhepunkt der Guptaherrschaft bezeichnet. Politische Stabilität ging einher mit kultureller Blüte, wie der Zeitgenosse Faxian berichtet, der erste bekannte chinesische Buddhist, der auf der Suche nach Manuskripten heiliger Texte nach Indien pilgerte. In der Guptazeit erfolgte sowohl die schriftliche Fixierung der beiden großen Sanskritepen »Mahabharata« und »Ramayana« als auch die Kodifizierung der jahrhundertelang mündlich tradierten Rechtsnormen in den »Dharmashastra«. Die Puranen, heterogene Textsammlungen mit mythologischen, philosophischen, rituellen und genealogischen Bestandteilen, haben in großen Teilen ihre heutige Form ebenfalls in der Guptazeit erhalten. Die Sanskritdichtung erreichte, gefördert von den Guptakönigen, einen Höhepunkt. Einer ihrer bedeutendsten Autoren, Kalidasa, lebte möglicherweise am Hofe Candraguptas II. Auch der Beginn des hinduistischen Tempelbaus und eine Glanzzeit plastischer Kunst, die ihren Ausdruck unter anderem in der klassischen Schule von Sarnath erhielt, sind dieser Zeit zuzuschreiben. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang schließlich die religiöse Vielfalt, die von den Guptakönigen nicht nur toleriert, sondern durch Landschenkungen und sonstige Stiftungen an verschiedene Gemeinschaften auch gefördert wurde.
CandraguptasII. Nachfolger KumaraguptaI. (um 413/415; auch hier ist nicht ganz geklärt, ob dazwischen noch für kurze Zeit ein anderer Herrscher den Thron innehatte) war wohl ebenfalls ein innen- wie außenpolitisch erfolgreicher Herrscher. Erst gegen Ende seiner Regierung, aus der neben Münzen auch zahlreiche Inschriften erhalten sind, scheint es zu Schwierigkeiten durch den Aufstand eines Stammes aus dem östlichen Zentralindien gekommen zu sein. KumaraguptasI. Sohn und späterem Nachfolger Skandagupta (um 454467) gelang es jedoch, die Angriffe abzuwehren. Skandaguptas Herrschaftsübernahme nach dem Tod seines Vaters war allerdings vermutlich nicht problemlos: Königliche Siegel deuten darauf hin, dass der legitime Thronfolger Purugupta hieß. Die Tatsache, dass die genealogischen Passagen in Skandaguptas Inschriften die eigene Mutter verschweigen, lassen vermuten, Skandagupta sei der Sohn einer Nebenfrau Kumaraguptas I. gewesen.
Möglicherweise musste Skandagupta im Laufe seiner Regierung auch die ersten Angriffe hunnischer Stämme abwehren, die in der Zwischenzeit ebenso wie ihre ehemaligen zentralasiatischen Nachbarn, die Shaka und die Kushana, nach Indien vorgedrungen waren.
Die Nachfolge Skandaguptas verliert sich im Dunkeln. Vereinzelte Inschriften, Münzen und Siegel erwähnen eine Reihe von Guptakönigen, über deren Geschichte bisher kaum etwas bekannt ist. Vermutlich kam es nach Skandaguptas Tod erneut zu Konflikten zwischen rivalisierenden Thronprätendenten. Ein Nachfolger Skandaguptas war Budhagupta, dem eine vergleichsweise lange Herrschaft (um 476497) beschieden war und der den sich abzeichnenden Verfall des Reiches noch etwas aufzuhalten vermochte. Nach Budhaguptas Zeit bestand das Reich nicht mehr in seiner früheren Größe, sondern war vermutlich unter verschiedene Mitglieder der Guptadynastie aufgeteilt. Einzelne Randgebiete erlangten ihre Unabhängigkeit zurück. Zu Beginn des 6.Jahrhunderts kehrten auch die hunnischen Stämme zurück. Angeführt von Toramana und seinem Sohn Mihirakula brachten sie bald große Teile des westlichen und nördlichen Indien unter ihre Herrschaft. Vermutlich schon im Jahre 528 setzte allerdings Yashodharman, dessen kometenhafter Auf- und Abstieg in Malwa, einem Reich in Westindien, rätselhaft bleibt, ihrer Herrschaft in Indien ein Ende. Der Untergang des Guptareiches in der 1.Hälfte des 6.Jahrhunderts (die letzte bekannte Inschrift eines »imperialen« Guptaherrschers ist auf 543 datiert) war jedoch unaufhaltsam. Mehr noch als die Hunnen hatten Nachfolgestreitigkeiten, Fragmentierung des Reiches und zentrifugale Tendenzen einstmals untergebener Herrscher zu diesem Ende beigetragen.

Die Guptazeit im Forscherstreit
In letzter Zeit richtet sich das Interesse der Forschung verstärkt auf eine kritische Auseinandersetzung mit der seit dem 19.Jahrhundert üblichen Wahrnehmung der Geschichte des Guptareiches als »goldenes Zeitalter«. Britischen Historikern der Kolonialzeit, aber auch vielen ihrer indischen Kollegen imponierte das Guptareich wegen seiner Machtfülle, seines Reichtums und seiner inneren Stabilität. Indischen Historikern in der Nationalbewegung galt das Guptareich als Ideal »nationaler Solidarität nach fünf Jahrhunderten politischer Zersplitterung und Fremdherrschaft« (Anant Sadashiv Altekar), das immer wieder als Vorbild für ein im Kampf gegen die modernen Fremdherrscher geeintes Indien herausgestellt wurde. Das »goldene Zeitalter« der Gupta erschien als früher Höhepunkt der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung, ja als Symbol der Größe Indiens überhaupt.
Diese Wahrnehmung der Guptazeit wurde besonders von marxistischer Seite angegriffen: Von einem »goldenen Zeitalter« könne nicht die Rede sein, vielmehr habe es im Guptareich eine Reihe schwerwiegender Missstände gegeben, zum Beispiel Prostitution und beginnende Witwenverbrennung. Darüber hinaus habe sich die Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen, Niedrigkastigen und Kastenlosen verschärft. Ein »goldenes Zeitalter« sei die Guptazeit daher nur für eine vergleichsweise kleine Klasse von Besitzenden gewesen (Dwijendra Narayan Jha). Ebenso wurde eine von den Guptaherrschern selbst verursachte Destabilisierung des Großreiches durch umfangreiche, mit eigenen Herrschaftsbefugnissen ausgestattete Landschenkungen, der Rückgang des Handels und dadurch bedingt der im archäologischen Befund nachgewiesene Verfall der Städte (Damodar Dharmanand Kosambi, Ram Sharan Sharma) festgestellt. Allerdings wurden die Auswirkungen des königlichen Landschenkungswesens unterschiedlich bewertet: Im Gegensatz zu den marxistischen Historikern hielten andere Forscher Landschenkungen auch für eine bewusst eingesetzte Methode der »Binnenkolonisation« (Hermann Kulke).
Die Diskussion um die Bewertung der Guptazeit führt vor Augen, dass ideologisches und politisches Vorverständnis die Wahrnehmung gerade dieser Phase der indischen Geschichte in erheblichem Maße mitbestimmt hat. Ist ein zentralistisch verwalteter Staat das Ideal, wird regionale Staatenbildung tendenziell negativ gesehen; der Zerfall von Großreichen gilt entsprechend als Niedergang. In den letzten Jahrzehnten wird die politische Zersplitterung der Jahrhunderte zwischen und nach den beiden Großreichen jedoch zunehmend als Ausprägung kultureller Vielfalt durchaus positiv bewertet.

Die Maurya-Dynastie
321 v.Chr. gelang es Candragupta, der bei den Griechen als Sandrakottos bezeichnet wurde, die Kontrolle über Magadha zu gewinnen. Im Lauf der nächsten zehn Jahre weitete Candragupta, der Begründer der Maurya-Dynastie, seine Herrschaft über den größten Teil des Subkontinents aus. Unterstützt wurde er dabei von Kautilya (oder Chanakya), einem brahmanischen Minister, der Hauptautor des Arthashastra sein dürfte, eines Lehrbuches über Politik, das dem Werk Der Fürst des italienischen Historikers Niccolò Machiavelli ähnelt. Die militärische Macht des Indischen Reiches veranlasste SeleukosI., einen der Generäle Alexanders und Begründer des Seleukidenreiches, ein Bündnis mit dem Maurya-Herrscher einzugehen. Der Vertrag wurde 305 v.Chr. durch die Hochzeit Candraguptas mit einer Tochter des Seleukidenherrschers besiegelt.
In der Folge kam es aufgrund der engen Beziehungen zwischen den beiden Reichen zu einem starken Einfluss der griechischen Kultur in Nordindien. Die Maurya-Dynastie konnte sich bis etwa 185 v.Chr. halten. Während der Regierungszeit von Ashoka (um 273 bis 232 v.Chr.), des größten Herrschers der Maurya-Dynastie, entwickelte sich der Buddhismus zur bedeutendsten Religion im Reich. Indien war inzwischen zu einem Zentrum der Bildung geworden; Universitäten wie die in Nalanda und Takshashila zogen Gelehrte aus China und Südostasien an. Von den Dynastien, die unmittelbar auf den Niedergang der Mauryas folgten, hielt sich die Sunga-Dynastie am längsten: Sie dauerte über 100Jahre. Die wichtigsten Ereignisse dieser Epoche (um 184 bis 72 v.Chr.) waren Verfolgung und Niedergang des Buddhismus in Indien sowie der Triumph des Brahmaismus. Aufgrund des Sieges der Hindu-Brahmanen (Priester) wurde das Kastensystem ein wichtiges Kennzeichen der indischen Gesellschaftsordnung; es stellte ein großes Hindernis für die nationale Einigung dar.
Um 100 v.Chr. wurde ein großer Teil Westindiens von den Shakas (Skythen) erobert, die sich dann vor den aus Zentralasien einströmenden Yüe-chi zurückziehen mussten. Die Yüe-chi drangen nach Süden vor und ließen sich schließlich im Nordwesten Indiens nieder, wo Kadphises, einer ihrer Könige, um 40 n.Chr. die Kuschan-Dynastie begründete. Ein Großteil Nordindiens fiel unter die Herrschaft der Kuschan-Könige. Einer der ersten von ihnen stellte diplomatische Beziehungen zum Römischen Reich her und unterhielt einen regen Handelsverkehr. Unter den Kuschanen im Allgemeinen und unter der Regentschaft von König Kaniska- einem großen Förderer von Bildung und Kunst- im Speziellen kam es zur Blüte der buddhistischen Kultur. Mathematik und Naturgeschichte florierten zu dieser Zeit, in der auch die medizinischen Charaka-Texte verfasst wurden.
Von den Herrschern der einheimischen Andhra-Dynastie, die schließlich um 27 v.Chr. die Kontrolle über die früheren Sunga-Besitzungen erhielt und etwa 460Jahre lang Bestand hatte, gingen wiederholt Versuche zur Vertreibung der Shakas aus. Dies scheiterte jedoch, und um 236 n.Chr. erlangten die Shakas schließlich Herrschaft über den gesamten westlichen Teil Indiens. Ein Jahrzehnt früher, kurz vor dem Fall der Andhra-Dynastie, war auch das Königreich der Kuschanen zerfallen. Im folgenden Jahrhundert herrschte daher in weiten Teilen Indiens politische Unsicherheit.

Das Gupta-Reich
Im Jahr 320 gründete ein Radscha aus Magadha namens CandraguptaI. (Regierungszeit 320 bis ca. 330) nach der Eroberung benachbarter Gebiete ein neues imperiales Regime und die so genannte Gupta-Dynastie. Seinem Enkel CandraguptaII. (Regierungszeit 375-413) gelang es, das Reich beträchtlich zu erweitern, indem er sämtliche Gebiete des Subkontinents nördlich des Flusses Narmada unterwarf. Unter der Gupta-Dynastie, die etwa 160Jahre Bestand hatte, erreichte die indische Kultur einen neuen Höhepunkt. Diese Zeit war von einer längeren Friedensperiode, wirtschaftlichem Wachstum und hervorragenden intellektuellen Leistungen - insbesondere auf den Gebieten der Kunst, Musik und Literatur - gekennzeichnet. Ebenso bedeutsam war die Renaissance des Hinduismus, der über lange Zeit immer mehr verfallen war und jetzt Merkmale des Buddhismus aufnahm.
Gegen Ende des 5.Jahrhunderts drangen die Hephtaliten, oft als Weiße Hunnen bezeichnet, von Zentralasien nach Indien ein. Unter den Angriffen der Eindringlinge brach das Gupta-Reich auseinander, das fast ein Jahrhundert unangefochten geherrscht hatte. Um 565 wurde schließlich die Macht der Weißen Hunnen durch einfallende türkische Stämme gebrochen. Im heutigen Bundesstaat Rajasthan finden sich Stämme, die als Nachfahren der Weißen Hunnen gelten. In Nordindien hatte sich 606 ein weiteres mächtiges Königreich entwickelt, das von Harshavardhana, dem letzten buddhistischen König der indischen Geschichte, gegründet worden war. Durch Förderung der Kunst versuchte Harshavardhana, die Gupta-Zeit zu imitieren; die kulturellen Errungenschaften der Epoche lassen sich in den Chroniken des großen chinesischen Pilgers Yuan Chwang (Hsüan-tsang oder Tripitaka) nachvollziehen. Während seiner Herrschaft sicherte sich Harshavardhana die Kontrolle über fast das gesamte Festland und versuchte vergeblich, seinen Herrschaftsbereich auf das Hochland von Dekkan auszuweiten. Nach seinem Tod zerfiel das Reich in zahlreiche untereinander zerstrittene Kleinstaaten und Fürstentümer. Diese anarchische Situation, die auch für die Situation auf der Halbinsel charakteristisch war, hielt in Indien bis zum Beginn des 11.Jahrhunderts an.

Einfälle der Muslime und Mongolen
Die längere Periode innerer Auseinandersetzungen ging zu Ende, als eine fest unter dem Islam vereinte Macht in Westasien auftauchte. Bei dieser neuen Macht handelte es sich um die bislang samanidische Provinz Chorassan, die von Mahmud von Ghazniì (Regierungszeit 999-1030) in ein unabhängiges Königreich verwandelt wurde. Der erfolgreiche Feldherr, dessen Herrschaft über Chorassan vom Kalifen von Bagdad anerkannt worden war, unternahm im Jahr 1000 die erste von insgesamt 17 aufeinander folgenden Expeditionen über die afghanische Grenze nach Indien. Dabei konnte er jeweils Siege über die politisch zerrissenen Inder erringen. 1025 hatte Mahmud zahlreiche westindische Städte geplündert, darunter auch die für ihren sagenhaften Reichtum bekannte Hafenstadt Somnath, und die Punjab-Region seinem Reich einverleibt.
Der erfolgreichste Muslimherrscher nach Mahmud war Muhammad von Ghur, dessen Regierungszeit 1173 begann. Er gilt vielen Historikern als der eigentliche Begründer der muslimischen Herrschaft in Indien. Er begann seine Eroberungszüge 1175, und im Lauf der nächsten drei Jahrzehnte unterwarf er die gesamte Ebene zwischen Indus und Ganges westlich von Benares (dem heutigen Varanasi). Nach dem Tod Muhammad von Ghurs machte sich Qutb-ud-Din Aibak, sein Vizekönig in Delhi und früherer Sklave, zum Sultan. Die von Qutb-ud-Din gegründete so genannte Sklavendynastie hatte in ihm ihren einzigen herausragenden Führer. Sie bestand bis 1288.
Ein weiterer erfolgreicher Muslimherrscher war Ala-ud-Din (Regierungszeit 1296-1316), der zweite Herrscher der folgenden Khalji-Dynastie. Er konsolidierte das Indische Reich, indem er das Hochland von Dekkan eroberte. Vor dem Ende seiner Regierungszeit begannen jedoch die Mongolen, die Nordgrenze des Reiches zu infiltrieren. Der letzte bedeutende Sultan in Delhi, Mohammed ibn Tughluq, brachte durch Grausamkeit und religiösen Fanatismus sowohl seine muslimischen als auch seine hinduistischen Untertanen gegen sich auf. Das Reich wurde schließlich durch revolutionäre Auseinandersetzungen und die Abspaltung einiger Provinzen wie Bengalen auseinandergerissen.
Die Unruhen nahmen nach Tughluqs Tod weiter zu. 1398 stieß der mongolische Eroberer Tamerlan mit seinen Armeen auf kaum organisierten Widerstand in Indien. Nach seiner erfolgreichen Invasion plünderte und zerstörte er Delhi und massakrierte die Bevölkerung. Kurz nach der Plünderung Delhis zog er sich wieder aus Indien zurück und überließ die Reste des Reiches Mahmud (Regierungszeit 1399-1413), dem letzten Tughluq. Ihm folgte 1414 der erste Sayyiden-Herrscher nach und damit eine Dynastie, deren Herrschaft später von Bahlol (Regierungszeit 1451-1489), dem Begründer des Hauses Lodi, abgelöst wurde. Die im Allgemeinen schwache und ineffektive Lodi-Dynastie endete 1526. In diesem Jahr unternahm Babur, ein Nachkomme Tamerlans und Dschingis Khans sowie Begründer der Mogul-Dynastie, eine Reihe von Eroberungszügen nach Indien, an deren Ende er die Streitkräfte der Lodi unterwerfen konnte. Babur besetzte die Lodi-Hauptstadt Agra und machte sich zum Kaiser des Muslimreiches. Innerhalb der ersten vier Jahre nach seinem Sieg gelang es ihm, die Kontrolle über einen großen Teil des indischen Festlands zu erwerben.

Das Mogulreich
Baburs Enkel Akbar sollte zum größten Mogulherrscher werden. Während seiner Regierungszeit (1556-1605) unterwarf er Aufstände rebellischer Fürsten in verschiedenen Regionen, dazu gehörten der Punjab, Rajputana (der heutige Bundesstaat Rajasthan) und Gujarat. 1576 gelang es ihm, Bengalen in sein Herrschaftsgebiet einzugliedern; zwischen 1586 und 1592 eroberte er Kaschmir, und 1592 annektierte er Sind. Zwischen 1598 und 1601 unterwarf er eine Reihe von muslimischen Königreichen im Hochland von Dekkan. Bei der Verwaltung seiner weiträumigen Besitzungen legte Akbar ein bemerkenswertes Geschick an den Tag. Er versicherte sich der Loyalität Hunderter feudaler Herrscher, förderte den Handel, führte ein gerechtes Steuersystem ein und setzte sich für religiöse Toleranz ein. Unter Akbars Enkel Shah Jahan erreichte das Mogulreich seine kulturelle Blüte. Die Regierungszeit von Shah Jahan (1628-1658) fiel ins goldene Zeitalter der indisch-sarazenischen Architektur, deren berühmtestes Beispiel das Taj Mahal ist.
Im Jahr 1658 wurde er von seinem Sohn Aurangzeb, der den Titel Alamgir („Eroberer der Welt") annahm, vom Thron vertrieben. Der verräterische Aurangzeb tötete seine drei Brüder und führte eine Reihe von Kriegen gegen die autonomen indischen Königreiche, wodurch er das Reich moralisch und materiell schwächte. Während seiner Feldzüge im Hochland von Dekkan fügten die Marathen, ein skythisch-dravidisches Volk, den imperialen Armeen mehrere Niederlagen zu. Die Stabilität der Aurangzeb-Herrschaft wurde zudem durch den Widerstand des Volkes gegen seine bigotten religiösen Vorstellungen untergraben. Während der Regierungszeit Aurangzebs, die 1707 mit seinem Tod im Exil endete, konnte der Sikh-Glaube in Indien Fuß fassen.
Im ersten halben Jahrhundert nach Aurangzebs Tod war die Existenz des Mogulreiches als Staat beendet. Die politischen Wirren dieser Periode waren durch raschen Verfall der Zentralmacht gekennzeichnet. Muslimische und hinduistische Abenteurer errichteten zahlreiche kleinere Königreiche und Fürstentümer; die Gouverneure der imperialen Provinzen bildeten große, unabhängige Staaten. Zu den ersten großen Staaten, die damals entstanden, gehörte Hyderabad (1712). Das wankende Mogulregime erlitt 1739 eine verheerende Niederlage, als der persische Scheich Nadir Shah mit seiner Armee in Indien einfiel und Delhi plünderte. Zur Beute der Invasoren, des sechsten Muslimheeres, das Indien überrannte, gehörten der riesige Koh-i-noor-Diamant und der sagenhafte Pfauenthron, der aus massivem Gold bestand und mit Edelsteinen besetzt war. Der persische Scheich zog sich bald wieder aus Indien zurück, doch 1756 wurde Delhi erneut besetzt: diesmal von Ahmed Shah, dem Emir von Afghanistan, der zuvor bereits den Punjab besetzt hatte. 1760 verbündeten sich die Sikhs und die Marathen gegen die Armeen von Ahmed Shah. Die darauffolgende Schlacht von Panipat am 7.Januar 1761 endete mit einem Sieg der Invasoren. Nach ihrem Abzug 1764 kehrte der Mogulherrscher wieder auf den Thron zurück. Seine Autorität war jedoch wie die seiner Vorgänger nur nominell. Mit der Niederlage der Marathen und Sikhs war die Wahrscheinlichkeit der Wiedervereinigung Indiens zu einem einzigen starken Staat auf Null gesunken, und das Land, das bereits seit langem Spielball der europäischen Mittelmeermächte gewesen war, fiel immer mehr unter die Herrschaft der Briten.

Portugiesischer und niederländischer Kolonialismus
Die muslimische Kontrolle der wichtigen Handelswege zwischen dem Mittelmeer und Indien führte dazu, dass verschiedene europäische Mächte von einer neuen Route nach Fernost träumten, und zwar schon lange bevor Babur das Mogulreich begründet hatte. Die Portugiesen betrieben die Suche nach einer solchen Route besonders eifrig. In den Jahren 1497 und 1498 leitete Vasco da Gama im Auftrag der portugiesischen Krone eine Expedition um das Kap der Guten Hoffnung und durch den Indischen Ozean. Am 19.Mai 1498 fuhr da Gama in den Hafen von Calicut (das heutige Kozhikode) an der Malabarküste ein, und eine neue Ära der indischen Geschichte begann. Nachdem die Portugiesen zu dem im Dekkan herrschenden Königreich freundschaftliche Beziehungen aufgenommen hatten, sicherten sie sich das Monopol für den indischen Seehandel, das sie ein Jahrhundert lang behielten. Gebrochen wurde die portugiesische Monopolstellung zu Beginn des 17.Jahrhunderts durch die niederländische Ostindische Kompanie, eine Vereinigung privater niederländischer Händler, die 1602 unter dem Schutz der niederländischen Regierung gegründet worden war. Zwei Jahre zuvor hatte die englische Königin ElisabethI. eine Charta an eine ähnliche Handelsorganisation übergeben, die erste britische Ostindische Kompanie. Die Verhandlungen der Kompanie mit dem Mogulherrscher Jahangir waren erfolgreich, und im Dezember 1612 gründeten die Engländer ihre erste Handelsstation in Surat am Golf von Khambhata. Am 29.November griff eine portugiesische Flotte im Golf von Khambhata eine Reihe englischer Schiffe an; die darauffolgende Seeschlacht konnten die Engländer jedoch für sich entscheiden.
Im Lauf der nächsten Dekade mussten die Portugiesen noch eine Reihe weiterer Niederlagen hinnehmen, so dass die Engländer von den Portugiesen in Indien nur mehr wenig Opposition zu erwarten hatten. Die Niederländer, die sich bereits auf dem Malaiischen Archipel festgesetzt hatten, versuchten ebenfalls, die Engländer aus Indien zu vertreiben, wurden aber Ende des 17.Jahrhunderts genauso wie zuvor die Portugiesen als ernsthafte Konkurrenten aus dem Feld geschlagen. Die britische Ostindische Kompanie weitete mittlerweile ihre Einflusssphäre und ihren Geschäftsbereich beständig aus. Es gelang ihr, einen Stützpunkt in Orissa zu erlangen (1633), die Stadt Madras zu gründen (1639), Handelsprivilegien in Bengalen zu erreichen (1651), Bombay von den Portugiesen zu erwerben (1661) und mit dem Marathenherrscher Shivaji Bhonsle einen Handelsvertrag abzuschließen (1674). 1690 gründete die Kompanie die Stadt Kalkutta, nachdem die örtliche Opposition gewaltsam unterdrückt worden war.

Wachsende Rivalitäten zwischen Briten und Franzosen
Während der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts gefährdeten die Franzosen, die bereits seit 1675 in Indien Handel getrieben hatten, zunehmend die immer stärkere Stellung der britischen Ostindischen Kompanie. Die Spannungen zwischen Frankreich und dem neu gegründeten Großbritannien erreichten 1746 ein kritisches Stadium, als eine französische Flotte Madras belagerte. Diese Aktion, die im Rahmen des Österreichischen Erbfolgekrieges (1740-1748) stattfand, sowie die nachfolgenden Kampfhandlungen in Indien endeten unentschieden; 1748 gaben die Franzosen Madras an die Briten zurück. In den nächsten drei Jahren flammte der schwelende Konflikt zwischen den beiden konkurrierenden europäischen Mächten jedoch wieder auf, und es kam zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Robert Clive, ein Angestellter der britischen Ostindischen Kompanie, wurde durch seinen Sieg im Kampf um die Kontrolle über Hyderabad und Karnataka berühmt.
Die letzte Phase des Kampfes zwischen Großbritannien und Frankreich um die Vorherrschaft in Indien entwickelte sich im Anschluss an den Siebenjährigen Krieg in Europa. Im Lauf der Auseinandersetzungen zwischen 1756 und 1763, an denen auch große indische Partisanenkontingente beteiligt waren, konnten die Briten einige entscheidende Siege erringen und damit den französischen Plänen einer politischen Kontrolle über den Subkontinent endgültig eine Absage erteilen. Das bedeutendste Ereignis des gesamten Krieges war Clives Sieg bei Plassey, wodurch die Briten praktisch zu Herrschern über Bengalen wurden. Im Rahmen des Friedensvertrags nach dem Siebenjährigen Krieg wurde das französische Territorium in Indien auf einige Handelsstationen begrenzt. Siehe auch Karnataka-Kriege.

Britische Ostindische Kompanie
Als Ergebnis der militärischen Siege war die britische Ostindische Kompanie in den Besitz strategischer, politischer und territorialer Positionen in Bengalen, der bevölkerungsreichsten indischen Provinz, und im Dekkan gelangt. Die Unternehmenspolitik zielte darauf ab, diese Positionen zu festigen und auszubauen. Die britische Ostindische Kompanie konnte ihren Status als privates Handelsunternehmen bis 1773 behalten; in diesem Jahr wurde sie vom Parlament zu einer halboffiziellen britischen Regierungsbehörde ernannt. Der Erfolg der britischen Indienpolitik wurde durch das politische Machtvakuum ermöglicht, das im Anschluss an die Schlacht von Panipat (1761) entstanden war, als weder das Mogulreich noch die Marathenkonföderation stark genug waren, um sich durchzusetzen.

Bewaffneter Widerstand
Bei der Verfolgung ihrer Ziele verließen sich die Briten vorwiegend auf ihre überlegene Militärmacht; daneben kamen Bestechung, Erpressung und politische Manipulation indischer Herrscher häufig und erfolgreich zum Einsatz. Die Uneinigkeit der verschiedenen indischen Königreiche und Fürstentümer bereitete den Boden dafür, dass die Briten schließlich den gesamten Subkontinent sowie angrenzende Regionen wie Birma unter ihre Gewalt bekamen. Sporadisch setzten sich verschiedene indische Staaten einzeln oder gemeinsam erbittert gegen die Ausbeutung und Besetzung ihres Landes durch die Kompanie zur Wehr, konnten sich aber nicht durchsetzen. Zu den wichtigsten Zentren des bewaffneten Widerstands gegen die britische Herrschaft gehörten zu verschiedenen Zeiten die Marathenkonföderation, Mysore, Sind und der Punjab. 1845 griffen die Sikhs im Punjab britische Stellungen an und verursachten damit einen Krieg, der zu zahlreichen Opfern auf beiden Seiten führte. 1846 wurden die Sikhs geschlagen, doch zwei Jahre später begannen sie erneut eine militärische Konfrontation mit den Briten. In der Schlacht von Chilianwala töteten die Sikhs fast 2500Briten. Am 21.Februar 1849 entschieden die Briten jedoch eine zentrale Schlacht zu ihren Gunsten und zwangen die Sikhs so zur Kapitulation.

Der Einfluss Dalhousies
Im Anschluss daran annektierte die Ostindische Kompanie den Punjab. In den nächsten Jahren annektierte der damalige Generalgouverneur James Andrew Broun Ramsay, der 10. Earl of Dalhousie, die Königreiche Satara, Jaipur, Sambalpur, Jhansi und Nagpur jeweils nach dem Tod ihrer Herrscher. Dalhousies Annexionspolitik rief einen Sturm der Entrüstung sowohl beim indischen Adel als auch beim Volk hervor. Materiell profitierte Indien dagegen von verschiedenen Verbesserungen und Reformen, die von der Regierung Dalhousie durchgesetzt wurden. Es wurden Eisenbahnen, Brücken, Straßen und Bewässerungssysteme gebaut, Post- und Telegraphenwesen eingerichtet und grausame Traditionen wie Sati (Witwenverbrennung) und Sklavenhandel eingedämmt. Diese Neuerungen und Reformen stießen im indischen Volk allerdings auf wenig Gegenliebe, da viele der Modernisierung des Landes skeptisch und ängstlich gegenüberstanden. 1856 annektierte Dalhousie Oudh, was zusätzlich für beträchtlichen Widerstand im Volk sorgte. Insbesondere die Verachtung, die Dalhousie der indischen Kultur entgegenbrachte, sorgte für Ablehnung.
Großer Indischer Aufstand von 1857/58
Die Unruhen in Indien nahmen ständig zu, was schließlich zur Bildung einer konspirativen Bewegung unter den Sepoys, den von der britischen Ostindischen Kompanie angestellten indischen Truppen, führte. Der Aufstand, der als Großer Indischer Aufstand von 1857/58 bzw. als Sepoy-Aufstand bekannt ist, begann am 10.Mai 1857 in Meerut in der Nähe von Delhi. Ausgelöst wurde er von einer spontanen Reaktion der Hindu- und Muslimtruppen, die sich gegen die Verwendung von Rind- bzw. Schweinefett in ihren Essensrationen wandten. Diese Opposition gegen die britische Herrschaft griff rasch um sich, und die Sepoy sammelten sich unter dem Banner von Bahadur ShahII., nomineller Herrscher des dem Untergang geweihten Mogulreiches. Den Meuterern gelang es rasch, Delhi und weitere strategische Zentren zu besetzen. Sie massakrierten Hunderte von Europäern und belagerten am 30.Juni die britische Residenz in Lucknow. Die Belagerung der Stadt konnte im November beendet werden, und es wurden britische Verstärkungstruppen sowie loyale Sepoys in den nicht betroffenen Gebieten eingesetzt. Die Kämpfe zogen sich noch bis 1859 hin, nachdem bereits im Juni 1858 die wichtigsten Stützpunkte der Rebellen zurückerobert worden waren.
Dem Aufstand folgte eine Periode brutaler Unterdrückung durch britische Truppen, und zwar insbesondere in Delhi, wo Tausende ohne Gerichtsverhandlung getötet wurden. Im selben Jahr verurteilten die Justizbehörden der Ostindischen Kompanie Bahadur ShahII. unter dem Vorwurf der Anstiftung zur Rebellion zu lebenslanger Haft. Damit endete das letzte Kapitel der Geschichte des Mogulreiches. Wichtigstes Ergebnis des Großen Indischen Aufstands war die Verabschiedung des Act for Better Government in India durch das britische Parlament (1858); darin war vorgesehen, dass die Verwaltung Indiens von der Ostindischen Kompanie auf die britische Krone überging.
Das britische Indien und der aufkommende Nationalismus
Nachdem sich die britische Regierung um die Verwaltung Indiens kümmerte, wurden zahlreiche Missstände, die unter der Herrschaft der Ostindischen Kompanie gang und gäbe waren, abgeschafft oder zumindest gemildert. Die Briten führten wichtige Reformen im Steuerwesen und in der Verwaltung sowie im Rechts-, Bildungs- und Sozialwesen durch. Daneben wurden die von Dalhousie initiierten Infrastrukturmaßnahmen weiter vorangetrieben. Die britische Regierung übernahm eine ganze Reihe schwer zu lösender Probleme; dazu gehörten die Verarmung weiter Kreise der Bevölkerung, der verbreitete Widerstand gegen den kolonialen Status des Landes und ein wachsender Nationalismus. Mehrere verheerende Hungerkatastrophen, die 1866 mit der Hungersnot in Orissa begannen - sie kostete etwa 1,5Millionen Menschen das Leben-, trugen beträchtlich zur politischen Unruhe bei. 1876 machte das britische Parlament unter dem damaligen Premierminister Benjamin Disraeli Königin Viktoria zur Kaiserin von Indien.